• Der Anfang

    Wenn ich heute darüber nachdenke, wundere ich mich über mich selbst, wie ich auf die Idee gekommen bin, alle möglichen Leute über meine Krebserkrankung zu informieren. Mein Mann und meine Kinder, klar, wir leben ja zusammen. Unsere Kinder sollten auch direkt Bescheid wissen, die Veränderungen würden sie ja sowieso mitbekommen. Meine Eltern mit der Bitte um Hilfe, weil mir gleich klar war, dass Zeiten auf mich zukommen werden, in denen ich einfach Hilfe brauchen würde. Meine Geschwister, Verwandte, Freunde ….. Und so habe ich unbewusst ein Netz gewoben, was unendlich wertvoll für mich werden sollte und mich tatsächlich auf wunderbare Weise durch die anstrengende Zeit getragen hat.

    Um den vielen Fragen nach meinem Befinden und den einzelnen anstehenden Schritten besser Herr werden zu können, habe ich einen email-Verteiler eingerichtet und immer wieder Sammelmails verschickt. Das war enorm praktisch, denn alle waren gleichzeitig informiert. Irgendwann, auch da kann ich nicht mehr sagen, wie ich auf diese Idee gekommen bin, habe ich angefangen, ein Bild von mir mit der mail zu verschicken. Die Nachfrage, wie ich denn ohne Haare aussehe, war sehr groß 🙂

    Und so ist ein wunderbares, glückbringendes Projekt entstanden.

    Meine Gedanken haben eine positive Richtung bekommen – welchen Hut will ich als nächstes basteln, wie soll er aussehen, wie kann ich das hinbekommen? Ich hatte kaum noch Zeit, über den Krebs nachzudenken.

    Das Basteln hat mir viel Spaß gemacht (ich habe schon immer gerne gewerkelt), und ich habe so viele liebe Rückmeldungen bekommen, das war ein unglaublich starker Rückenwind und hat mir so gut durch die schwere Zeit geholfen.

    A wie Anfang.

  • Superkräfte

    Die Landschaft ist so schön. Irgendwie unwirklich, wie eine Zeichnung in einem Kinderbuch. Ein Weg führt mich durch grüne Hügel, vorbei an Häusern, die besonders aussehen. Sie stehen schräg, manche haben ganz hohe, spitz zulaufende Dächer, lustige Fensterläden. Sie stehen da wie hingewürfelt. Dazwischen Bäume mit kugeligen Baumkronen.

    Meine Schritte werden schneller, immer schneller, und plötzlich spüre ich tief in mir eine seltsame Kraft, die in mir aufsteigt. Es fühlt sich an, als ob sie mich emportragen wollte, höher und höher werden meine Schritte, immer weiter vom Boden entfernt. „Nein!“, schreit es in meinem Kopf, „ich will auf dem Boden bleiben, ich kann doch nicht fliegen!“

    Aber die Kraft in meinem Inneren wird immer größer und stärker, ich kann mich nicht dagegen wehren. Meine Füße berühren kaum noch den Boden, und auf einmal fliege ich. „Ich kann nicht fliegen, das geht doch nicht!!“, schreit es wieder in meinem Kopf. Doch diese unbekannte Kraft trägt mich einfach, manchmal lässt sie ein kleines bisschen nach, wenn es in meinem Kopf ganz besonders laut schreit, aber sie verlässt mich nie ganz. Ich fliege! Und wache auf.

    Der Klassiker, es war nur ein Traum. Ich bin noch ganz mitgenommen, der Traum war so intensiv und das Aufwachen so abrupt. Mich beschleichen Ängste. Was soll dieser Traum bedeuten? Engel können fliegen. Soll das heißen, dass ich bald ein Engel sein werde, der in den Himmel fliegt? Werde ich den Krebs nicht überleben?

    Diese Vorstellung macht mir schwer zu schaffen. Habe ich etwa mein Ende geträumt? Die Onko-Psychologin hat eine andere Idee. „Wie wäre diese Idee für Sie,“, fragt sie, „Ihnen wachsen Superkräfte, die Sie durch die Zeit Ihrer Krankheit tragen. So starke Kräfte, dass Sie sogar fliegen können!“.

    Das ist eine wunderbare Idee, die gefällt mir viel besser! Eine große Welle der Erleichterung durchflutet mich. Mir fällt ein Spruch ein, den ich mal irgendwo gehört habe:

    Jedes Ding hat zwei Seiten, und es lohnt sich, jedes Ding von zwei Seiten zu betrachten.

    Das passt, finde ich. Man kann tatsächlich auch immer noch was Gutes finden. Macht ja nix, wenn man sich dafür manchmal ein bisschen Hilfe holt, wenn man selber nicht mehr weiterkommt.

  • Verarbeitung

    Unser Jüngster war 10 Jahre alt, als ich meine Diagnose bekam. Nach dem ersten Schock hat er eine wunderbar humorvolle Art entwickelt, mit dem Thema umzugehen, und mich und die ganze Familie mit seinen Witzchen aufgeheitert:

    Krebs-Mus
    Krebs-Leiche
    Krebs-Loser
  • Jetzt geht’s los!

    Jetzt geht´s endlich los mit der Bearbeitung meines ungebetenen Mitbewohners. Zuerst bekomme ich 6 kombinierte Chemo-/Antikörper-Einheiten, dann die Abschnippel-OP und dann noch mehr Antikörper-Einheiten, insgesamt ein Jahr lang. Puh, eine ganz schön langwierige Angelegenheit! Am besten kriegt man so einen Mist gar nicht erst, aber das kann man sich ja leider nicht aussuchen.

    Ich freue mich, dass jetzt was passiert.

    Und ich freue mich, dass ich in diesem Jahrhundert lebe, dass die Medizin so wahnsinnig enorme Fortschritte gemacht hat und dass dieser Luxus möglich ist, mir diese abartig teuren Medikamente einzuflößen. Ein herzliches Dankeschön gebührt der chinesischen Hamsterin, die vor vielen Jahren einige ihrer Zellen hergegeben hat, woraus oder womit oder wie auch immer ein sehr schlauer Mensch diese Antikörpertherapie entwickelt hat. Da sieht man Tierversuche auf einmal irgendwie ganz anders…

  • Lauter kleine Schritte

    Wieder ein kleines Schrittchen geschafft – der Port ist drin! Er ist in freundlichem Magenta-Lila-Pink gehalten, handlich klein, passt genau unters Schlüsselbein 🙂

    Falls jemand von euch eine gute Idee hat, wie man sich mit einem Fremdkörper im „Eigenkörper“ (was ist eigentlich das Gegenteil von Fremdkörper?) anfreunden kann – immer her damit!

    Im OP unterhält man sich ja so über dies und das, um die Zeit angenehm zu gestalten. Kurz, bevor ich ins Land der Träume verabschiedet wurde (darauf habe ich bestanden. Wer bitte will live mitkriegen, wie sie da an einem rumhantieren?!), wurde ich gefragt, welches Lied ich mit meinen Schülern immer singen würde. Ein Lied habe ich nicht, aber ein Gedicht, das habe ich gleich mal aufgesagt:

    Ich wünsch´ dir einen schönen Tag,
    und dass dich heute jeder mag.
    Dass du gut ausgeschlafen bist,
    und dass dir schmeckt, was du heut´ isst.
    Und dass der Tag bis in die Nacht
    dir – viel – Freude – macht!

    Das fanden alle lustig, sie haben sogar geklatscht 🙂
    Und weg war ich. Nächsten Mittwoch soll ich die erste Chemo bekommen. Hoffentlich klappt´s, ich habe im Moment blöderweise nämlich so ein kleines Schnüpfchen…

    Schritt
  • Mein erster Chemo-Tag!

    Oh là là, war ich aufgeregt! Voll beladen mit einer riesigen Tasche kam ich in der Praxis an. Ich wollte gerüstet sein für den langen Tag:

    dickes Kissensuper
    Bildband nicht angeguckt
    Buch zum Lesenkeine Chance
    3 l Getränksuper
    1 Tüte Keksesuper
    Brotesuper
    Handy mit Over-ear-Kopfhörer vom Sohnperfekt
    Hörbücher                                                                 keine Chance, ich konnte dem Sprecher nicht folgen
    Kabarettdito
    Klassik (Bach, Mozart)perfekt!

                                   

  • O´zapft is!

    Es hat geklappt, ich habe mein „erstes Mal“ hinter mich gebracht!

    Jetzt bin ich von innen vergoldet 🙂 (Danke Sonja für dieses schöne Bild!)

    Ich war bei den ersten, die gekommen sind, und die letzte, die gegangen ist. Bei den nächsten Malen geht´s wohl schneller.

    Es ist aber nicht unbedingt das Schlechteste, wenn man den ganzen Tag in halb liegender Position „rumlümmeln“ kann und dabei so ein bisschen abgeschossen ist ;-))

    Man kann es ja auch so sehen: Durch den blöden Krebs (dieses dulle Arsch, ob er schon gemerkt hat, dass der Angriff gestartet ist?) macht man Sachen, die sehr schön sind, die man aber im „Normalzustand“ nie machen würde.

    Zum Beispiel von 9 bis 16 Uhr gemütlich rumliegen und sich über Kopfhörer ein klassisches Konzert anhören. Da hört man Sachen, die hört man sonst gar nicht! (Nein, ich habe keine Drogen bekommen! :-))

    Unser Jüngster und ich haben einen „Spezialkrebs“ gebastelt, dem wir nun seeehr genüsslich bei jeder überstandenen Chemo ein Stück abschneiden.

    Chemos bekomme ich alle 3 Wochen (wenn die Blutwerte gut sind).

    Nach 6 Wochen wird nachgeschaut, ob der Krebs schon den Schwanz einzieht. (Entschuldigung. Habe gerade wahnsinnig große Lust auf solche derben Sprüche :-))

    Das wird sicherlich nochmal sehr aufregend.

  • Mein ganz eigener Rummelplatz

    So ein Körper ist ja schon eine faszinierende Sache.
    Meiner hat sich zum Rummelplatz umfunktioniert!

    Die Chemos fahren ausgelassen grölend Achterbahn durch meine Blutbahnen und jubeln, wenn sie welche von diesen dullen, trägen Krebszellen ausfindig machen. Dann stürzen sie sich aus den Wagen und machen sich laut schmatzend über die Krebszellen her, die total blöd und verschlafen aus der Wäsche gucken. „Häh? Was iss´n hier los?!“ Zack, weg.

    Die Light-Show kommt recht bescheiden daher, sie kann nur eine Farbe (Rot), zaubert damit aber immerhin in unregelmäßigen Abständen eine schöne Beleuchtung auf Gesicht, Hals und Dekolleté.
    Mein Hirn vergnügt sich gelegentlich beim Kettenkarussell-Fahren, ihr wisst schon, diese tolle Variante, bei der sich das Teil auch mal schräg legt.
    Im Hals sitzt ein Feuerschlucker, der noch in der Ausbildung ist.
    Es geht dauernd was daneben, aber zum Glück gibt´s auf einem Rummel immer irgendwo auch Eis  🙂

    Und ich liege währenddessen faul in meiner Schaukel, lasse mich sachte hin und her schaukeln und genieße die Ruhe, das Vogelzwitschern und den kühler werdenden Abend.
    Was für ein Kontrast von Innen und Außen!
    Obwohl ich manche Dinge im Moment gerne anders hätte, ich würde mein Leben auf gar keinen Fall gegen ein anderes tauschen wollen.

    Habt ihr euch das schon mal überlegt?
    Mit wem würdet ihr euer Leben gerne tauschen?
    Nicht nur kurz! Für immer!

    Rummelplatz
  • Gestatten….

    …mein Name ist Arschloch.
    Ich bin der Krebs in Susannes Brust und mittlerweile verdammt sauer, was hier so abgeht! Bei meinem Einzug bin ich davon ausgegangen, dass das hier ´ne leichte Nummer wird, aber so langsam ….ey, ich weiß net!
    Am Sonntag hab´ ich gedacht, „jetzt haste sie in die Knie gekriegt, yeah!“. Ich hab´ nen riesen Aufruhr in ihrem Körper produziert, wow, war voll begeistert von mir selber! Die war so richtig schön fertig mit der Welt, krass geiles Spektakel! So mag ich das!!
    Da kommt die auf die Idee, ihre arme  Familie in ein Orgelkonzert in eine Kirche zu schleppen! Nee, oder?! Boah, ist mir schlecht geworden. Mozart, würg! Bach, ich krieg´s Kotzen!!
    Ihr ging´s besser und besser und mir? Scheiße, ey! Dann fahren bei der so Glücksgefühle hoch, oh mann, und für mich wird´s voll anstrengend!

    Okay, für die erste Runde gebe ich mich geschlagen. Die ist wieder viel zu gut drauf, da reiß´ ich erstmal nix mehr. Aber wir haben ja noch 5 Nummern! Wir sehen uns!!

    So, und wie macht man jetzt den Abgang hier? Keine Ahnung…..ist ja auch egal………

    Orgelkrebs

    Zeichnung: Jochen Schwemm

  • What about the hair?

    Wenn man ´ne Krebsi ist, darf man auch richtig tolle Sachen machen, zum Beispiel in einen Perückenladen gehen. Hätte ich sonst nie gemacht, und ein kleines bisschen fand ich die Vorstellung sogar ganz lustig. Wie ich wohl aussehen werde mit so einem Ding auf dem Kopf? Im Laden werden mein Mann und ich sehr freundlich in Empfang genommen und gleich nach nebenan geleitet. Ich darf mich auf einen Stuhl vor einen großen Spiegel setzen und los geht´s.
    Die Dame umrundet mich mit fachmännischem Blick und befindet:
    „Ihre Frau hat einen großen Kopf!“
    Oha, ein leiser Verdacht überfällt mich.
    „Na ja, Ihre Frau ist ja auch groß, da kann sie nicht so einen kleinen Apfelkopf oben drauf haben!“
    Sehr charmant, vielen Dank. Wie nennt sie Köpfe mit meinen Ausmaßen?
    „Da müssen wir mal schauen!“
    Ja, bitte! Ich fürchte, auf Kopfmaße wie meine sind sie nicht vorbereitet. Ich bekomme eine schwarze Haube übergestülpt, und meine Haare werden untendrunter gewurschtelt. Sitzt ganz schön press, die Angelegenheit. „So, das hält ja schon mal!“ Ich bin erleichtert. Vor allem, weil sie mir die Haube nicht vorne übers Gesicht zieht und mich mit einer Knarre nach nebenan in die Bank schickt. Erste Perücke drauf. Aha. Interessant. Ungewohnt. (Mein armer Mann!) Sie haben sogar noch eine zweite für mich. Die Haube hält gerade noch. Und eine dritte! Das war´s dann aber schon. Die Dame schickt ihre Kollegin nach nebenan, um den Katalog mit den Perücken in Größe L zu holen. „Die anderen Perücken können wir Ihnen leider nicht anprobieren. Ich kann sie ja nicht zerreißen!“ Vielen Dank für den Hinweis, dass ich ein schwieriger Fall bin. Sehe ich aus, als ob ich das von ihr verlangt hätte? Als sie mir die dritte Perücke abnimmt, macht es FLOPP und das schwarze Häubchen springt erleichtert nach oben. Ich springe auch erleichtert nach oben und beschließe, das Thema Perücke nochmal zu überdenken.

    Papierstruwwelpeter
    Vielleicht doch lieber so! 🙂
  • Hast du sie noch alle?
    Tassen

    Alle Tassen im Schrank?
    Alle Wäscheklammern auf der Leine?
    Alle Socken in der Schublade?
    Da ich immer wieder gefragt werde, ob mir die Haare schon ausfallen: Ich schaue jeden Morgen nach dem Aufwachen auf dem Kopfkissen nach, da war bisher noch nix Auffälliges zu sehen.
    Ab und zu ziehe ich mal an den Haaren, aber nee, sind noch fest.
    Die lustige Frau im Perückenladen mit dem enormen Verbesserungs-Potenzial an Umgangsform, Höflichkeit und Einfühlungsvermögen hatte mir prophezeit, dass genau 14 Tage nach der 1. Chemo die Haare ausfallen. Das wäre diesen Mittwoch. Ich bin gespannt.

    Ich weiß ja, dass die Haare peu à peu ausfallen werden, aber dennoch……………………………habe ich da so eine kleine, vollkommen bescheuerte Vorstellung in der hintersten Ecke meines Hinterkopfes:
    Ich stehe in einem Einkaufsladen mitten in einer langen Schlange an der Kasse, da macht es plötzlich ganz leise „FLUFFFFFF“ und alle meine Haare liegen auf dem Boden. Alle. Komplett. Obenrum: Total nackig. Und keine Fluchtmöglichkeit. Betretenes Schweigen um mich herum.

    Die zweite beknackte Vorstellung geht so:
    Es gibt doch dieses Headbanging, bei dem man so herrlich schwungvoll die Mähne schleudert. In meiner Vorstellung mache ich diese Headbanger-Sache und beim Aufwärts-Schwung passiert es dann: Es macht „WUSCHHHHHHHHHHH“ und meine Haarpracht fliegt geschlossen davon gen Zimmerdecke. Endeffekt derselbe: Oben ohne.

    Vielleicht sollte ich ab jetzt immer eine Mütze dabei haben.
    Für den Notfall.

  • Sssssssssss….

    Heute Abend gönne ich mir noch was besonders Feines! So schön ich es finde, den ganzen Tag in der Hitze unterwegs zu sein – die Abendzeit ist mir fast noch lieber. Was haben wir denn hier? Wunderbar! Riecht ein kleines bisschen exotisch. Perfekt, heute ist mein Tag! Der Tag, an dem ich was ganz Neues ausprobiere! Oha! Interessante Geschmacksrichtung. Oh là là, das ist wirklich mal was ganz anderes! Wow, sowas ist mir noch nie untergekommen………..äh……..hallo da drüben, hast du auch schon mal hier……….ohhhh, mir wird irgendwie……….also das ist ja schon ein bisschen………..saust alles………dreht sich alles…………huiiiii, starkes Zeug…………ein kleineres Schlückchen wäre vielleicht……….urgs, glaub´ das is nich so gut für………uaahhh………glp.

    Bin ich jetzt eigentlich giftig für Stechgetier? Wen kann man sowas fragen? Ich weiß, es ist ein kleines, völlig unwichtiges Detail. Kam mir so beim Abendspaziergang in den Kopf, als sich alle Stechviecher auf meinen Mann gestürzt haben und kaum eins auf mich.

  • Ein haarfeiner Unterschied

    Es ist eine Sache, sich vorzustellen, wie es wohl sein wird ohne Haare. Wie man aussehen wird, wie sich die Kopfhaut anfühlen wird, wie es sein wird, mit Kopftuch, Mütze oder Perücke unter die Leute zu gehen.
    In meiner Vorstellung habe ich mich total lässig gesehen. Ist halt jetzt so! So viele Menschen haben Krebs, na und? Abgesehen davon, dass es mich ganz schön nervt, dass die doofe Perückentante recht hatte (jedenfalls in meinem Fall), es ist …………………….ganz ganz komisch.
    Ich weiß, dass es bescheuert war zu denken, ich würde drumherum kommen. Aber diese kleine, absurde Hoffnung war tatsächlich da.
    Also gut, dann…………….beginnt jetzt der nächste Teil meiner aufregenden Entdeckungsreise. Eine Zeit lang ohne Haare. Oder so rum ausgedrückt: Mit Glatze.
    Hätte ich freiwillig nie im Leben gemacht.
    Ich hätte mir auch niemals die Haare kurz schneiden lassen.
    Tja. Vielleicht bin ich dem Krebs ja tatsächlich dankbar für diese Erfahrungen, wenn alles überstanden ist und ich zurückblicke auf meine aufregende, spannende und überraschende Zeit. Wer weiß?

    Pinselstrich
  • Vergnügungspark

    Die zweite Ladung Chemos ist von deutlich ruhigerer Natur als die erste. Sie sitzen zufrieden im Bimmelbähnchen, lassen sich durch meinen inneren Vergnügungspark kutschieren und drehen brav ihre Köpfe nach links oder rechts, wenn der Bähnchenführer eine Sehenswürdigkeit (Herz, Leber, Niere….) entdeckt hat.
    Verpflegungsstopps gibt es auch, dann steigen die Chemos gesittet aus und vertilgen brav ihre Portion. Die Speisekarte ist etwas einseitig, es gibt immer nur Krebs. Das stört aber keinen.
    Die Lightshow gab nur eine Vorführung, die mit mäßigem Applaus gewürdigt wurde. Hat man alles schon mal gesehen.
    Der Feuerschlucker hat fleißig geübt, es geht viel weniger daneben, was den armen Eisverkäufer etwas frustriert aus der Wäsche gucken lässt. Sein Absatz ist diesmal nicht so hoch.
    Das Kettenkarrussel hat Pause, es muss repariert werden. Dafür gibt es die Piratenschiffschaukel, bei der einem auch ganz schön schlecht werden kann.
    Ich bin schon sehr gespannt, wie die nächsten Chemos so drauf sind. Ob mal so eine freakige Gruppe dabei ist, die von einer Achterbahn zur nächsten rast, auf der Suche nach dem noch ultimativeren Kick? Oder eher das Modell Wanderverein, Senioren-Abteilung?
    Bald wird es auf jeden Fall so richtig spannend. Dann wird nachgeschaut, ob sich die Krebsherde schon verkleinert haben. Das hoffe ich inständig.

    Abschnippelkrebs_2
  • Aus meiner Sicht

    Im Haus geschehen seltsame Dinge.

    Die Hausherrin, die mich bisher eher flüchtig beehrt hat, stand heute fast den ganzen Tag vor mir. Zuerst habe ich sie mit nassen Haaren gesehen, das war bisher durchaus mehrmals in der Woche üblich. Die vielen Haare in der Bürste nach dem Kämmen schienen ihr nicht besonders gefallen zu haben, wenn ich ihren Gesichtsausdruck richtig deute. Das Föhnen der Haare verlief auch wie bisher üblich, nur dass diesmal die Bürste überdurchschnittlich voll mit Haaren war. Dann war die Hausherrin verschwunden.
    Plötzlich stand sie wieder vor mir und betrachtete sich kritisch, wobei sie auffällig oft an ihren Haaren zupfte. Schon war sie wieder weg. Und genauso schnell wieder da!  Diesmal mit einer Schere in der Hand, das war mir ganz neu. Strähne für Strähne schnitt sich die Hausherrin alle Haare kurz. Auf ihrem Gesicht zeigte sich ein erfreutes Lächeln, das ließ mich stutzen. Wie gesagt, bisher bekam ich sie nur flüchtig zu sehen, und gelächelt hat sie fast nie.
    Daraufhin sah ich sie mit demselben Apparat in der Hand, mit dem sie ihrem Mann immer die Haare stutzt. Damit fuhr sie sich über ihren Kopf, hin und her, kreuz und quer. Ihre Haare waren jetzt ungefähr 5 mm lang und sie lächelte sich schon wieder an!
    Mit ihren Händen überprüfte die Hausherrin ihre neue Oberfläche am Kopf und setzte dann den Apparat ein zweites Mal an. Danach waren ihre Haare nahezu komplett weg.

    Jetzt kommt das Seltsamste des ganzen Tages: Das Lächeln der Hausherrin wurde immer breiter, und plötzlich brach sie in ein schallendes Gelächter aus, sie konnte gar nicht mehr aufhören! Es war ein überaus freudiges, erleichtertes, glückliches Lachen. Das habe ich wirklich noch nie erlebt!
    Den Rest des Tages sah ich sie mit den verschiedensten Tüchern in allen möglichen Farben und Formen. Aber immer nur kurz, dann war sie verschwunden, um bald darauf mit einer neuen Stoffvariante aufzutauchen. Ich muss sagen, ihre neue Frisur gefällt mir durchaus an ihr. (Jetzt sieht sie ihrem Vater noch ähnlicher, aber das bleibt bitte unter uns!) Was ich jedoch überhaupt nicht verstehen kann, ist, dass sie sich dem Anschein nach mit Haaren nie so gut gefiel wie ohne Haare. Das ist mir bei Frauen bisher noch nie vorgekommen.

    Wie gesagt, es geschehen seltsame Dinge hier im Haus.

    Spiegelbild
  • Unter Leute

    Auweia, das erste Mal raus unter Leute!

    Es ist ein bisschen so, als ob man eine neue Frisur hätte (was ja irgendwie auch stimmt). Also nicht nur ein kleines Stück kürzer, sondern so richtig. Von ganz lang auf ganz kurz zum Beispiel. Werden mich alle anstarren? Und sich ihren Teil denken? Werden alle sofort wissen, dass ich Krebs habe?
    Ein kleines bisschen feige bin ich ja schon. Statt dem üblichen Lebensmittelladen wähle ich einen, in dem ich eher selten bin. Der aber an diesem Tag ganz zufällig auf dem Weg liegt 🙂
    Für meinen ersten Ausflug mit „neuem“ Kopf habe ich mich besonders schön gemacht, mit meinem Lieblingskopfputz. Ich gefalle mir selber richtig gut! Und ich beschließe, dass alle Leute, die mich angucken, mich mindestens genauso toll finden. Sie werden nicht gucken und denken, „oh, sie hat Krebs“, sondern „wow, sie sieht schön aus!“.

    Und wie ist es tatsächlich?
    Gar nicht so schlimm wie befürchtet. Die meisten nehmen mich gar nicht so besonders wahr, viele sind einfach beschäftigt mit ihren Angelegenheiten. Und da ich selber auch nach meinen Sachen schaue, habe ich überhaupt keine Zeit, zu „kontrollieren“, ob mich jemand anstarrt.

  • Besondere Fähigkeiten

    Ich weiß jetzt, was es bedeutet, wenn man sagt „Ich könnte im Stehen schlafen.“.

    Ich kann es wirklich. Im Sitzen geht´s auch, was praktisch ist, da ich so viel getrunken habe. Dass das Chemo-Zeug schnell wieder hinausgespült wird. (Wobei, ist das überhaupt gut? Sollte das Zeug nicht schön lange einwirken können? Ist doch auch irgendwie schade um das teure Wunderheilmittel, wenn es gleich wieder entsorgt wird.)

    Die Erdanziehungskraft gibt mir ganz eindinglich und unmissverständlich zu verstehen, dass ich jede einzelne Faser meines Körpers auf dem schnellsten Wege in die waagerechte Lage bringen soll. Was wiederum unpraktisch ist, wenn man, so wie ich, riesengroßen Hunger hat. Ich könnte alles essen, was mir vor die Nase kommt. Werde das gleich mal ausprobieren. Ob ich auch beim Essen schlafen kann.

    Kissen
  • Bäh!

    Heute ist einer von diesen (bisher zum Glück wenigen) Tagen, an denen ich am liebsten alles hinschmeißen würde. Kappe vom Kopp werfen, die kribbeligen Hände wegschmeißen, in einen Dauertiefschlaf verfallen und erst wieder aufwachen, wenn der Spuk vorüber ist.
    Bin total kurzatmig und mir ist schlecht. Aber ich will die blöden Tabletten gegen Übelkeit nicht nehmen, die haben so viele doofe Nebenwirkungen.

    Ich will nicht mehr!
    Ich will nicht mehr!
    Ich will nicht mehr!

    STOPP!!!
    Es reicht, nix wie raus.
    Frische Luft um die Nase.
    Einatmen, und dabei die kühle Luft spüren.
    Zum Glück haben wir einen Garten.
    Das Vogelzwitschern ist das beste Konzert jetzt.
    Es dauert eine kleine Weile, aber siehe da, ein kleines, fast vertrocknetes Pflänzchen Frohsinn rappelt sich auf und streckt sich wieder dem Licht entgegen.

    Uff, ich bin erleichtert. Nichtstun, Gedanken vorbeiziehen lassen und das sachte Schaukeln in meiner heißgeliebten Heaven Swing haben mir buchstäblich wieder auf die Beine geholfen.

    Ich geh´ dann jetzt mal die Betten frisch beziehen.

  • Neues Abendritual

    So gehe ich neuerdings ins Bett:

    1. Zähneputzen
    (wie gehabt)
    2. Mundspülung
    (Das ist neu. Wegen der lädierten Mundschleimhaut. Schmeckt nicht so wahnsinnig toll, muss aber.)
    3. Creme 1 auf die Glatze
    (Creme 1 ist die, die nicht so gut riecht wie erhofft. Deshalb muss die so weit wie möglich nach „hinten“. Kleine Zwischenfrage: Darf man im Laden eigentlich an den Creme-Tuben schnüffeln? Nee, oder?)
    4. Creme 2 ins Gesicht
    (Gesichtcremen habe ich vorher auch noch nie gemacht. Ist aber eigentlich ganz schön. Wegen Nasennähe kommt hier die gutriechende Sorte hin.)
    5. Wundcreme
    (für die Mundwinkel)
    6. Handcreme
    (Das habe ich mir schon immer gegönnt. Jetzt aber mit einer besonders reichhaltigen, seehr gut riechenden. Ist super, wenn man eine Apotheken-Schwester hat. Sie kommt an die tollsten Sachen.)
    7. Schlafmütze
    (Das ist wiederum neu. Mir ist echt kalt auf´m Kopp!)
    8. Wasserglas
    (Für´s Gebiss.)

    Das war jetzt natürlich ein Scherz! 🙂
    Abgesehen davon fehlt nur noch das Bettjäckchen.
    Und Angora-Socken! Und eine Heizdecke!!
    Wer weiß schon, wie der Winter wird? Im Moment gehe ich aber noch heftig davon aus, dass ich aus der Nummer raus bin, bevor der Winter kommt.

    Stilleben im Bad
  • Ein Späßchen am Morgen…

    … vertreibt Kummer und Sorgen 🙂

    Ich freue mich immer so, wenn´s mir wieder besser geht! Da fallen mir dann oft sehr alberne Sachen ein. Aber albern ist gut und macht Spaß 🙂

  • Gedanken zu Gedanken

    Als Krebsi bekommt man ja viel zu hören, viel Liebes, Schönes, Freundliches, aber manchmal auch absolute Hämmer, an denen man ganz schön knabbern kann. Zum Beispiel, dass man sich die Krankheit selbst ausgesucht habe. Unbewusst natürlich. Oder dass der Partner schuld an der Erkrankung sei.
    Obwohl ich solche Aussagen absurd finde, fressen sich manche doch ganz fies im Kopf fest, wollen einfach nicht verschwinden, so sehr ich auch den Kopf schüttele oder Handstand mache, und lassen sich auch nicht drehen und wenden, so dass ich irgendwo noch etwas Gutes an ihnen finden könnte.
    Zum Glück darf ich als Krebsi  kostenfrei die Beratungsdienste der Onko-Psychologin im Krankenhaus in Anspruch nehmen. Die Dame hatte auch eine schöne Idee für mich:
    „Geben Sie Ihrem Gegenüber das, was Ihnen nicht gefällt, einfach wieder zurück!“
    Dazu soll man sich ein Bild überlegen, z. B., dass man die blöde Aussage in einem Brief aufschreibt, das Blatt zusammenfaltet, in einen Umschlag steckt, die Adresse draufschreibt, Briefmarke aufklebt und ab damit in den Briefkasten. Weg isses!
    Oder, bei größeren Sachen, ein Paket packen. Oder ab in den Mülleimer damit. Oder in eine Rakete stecken und ins Weltall schicken. Woran man halt so Spaß hat 🙂
    „Und wenn der blöde Gedanke wieder zurück kommt?“ „Dann erinnern Sie sich einfach kurz daran, wie Sie ihn aufgeschrieben und zurückgeschickt haben und wenden sich anderen Gedanken zu.“
    Klingt ja immer toll in der Theorie.
    Ich habe es schon ein paarmal ausprobiert, es funktioniert tatsächlich! Manchmal 🙂

  • Juppheidi und juppheida…

    … hoppsassa fidirallala!!!!!!!!!

    Er macht die Grätsche, er zieht den Schwanz ein, er schnurpselt zusammen wie ein alter Luftballon! Hurra, die Mühe hat was genutzt! Der doofe Krebs ist um 1/3 kleiner geworden!

    Uff, was bin ich erleichtert. Ich hatte schon schlimmste Fantasievorstellungen, dass ich die allererste und allereinzigste Patientin bin, bei der die Chemo nicht wirkt, und bei der der Krebs eher noch größer wird….

    Was für eine Erleichterung, dass es funktioniert!!!

  • Sagt mal,….

    …. habt ihr den A……… offen oder was?!?!?

    Ständig krieg´ ich so ein Scheiß-Chemie-Zeug ab, die Leukos sind auf einmal auch total scharf auf mich und zwacken an mir rum, irgend so ein Vollidiot macht mich blöd von der Seite an und dann gehen auch noch voll dreiste Spanner auf mich los!

    Und diese Pieks-Aktion, was soll das gewesen sein?

    Geht´s noch ey, ihr verdammten Arschgesichter?

    Ich bin voll krass sauer drauf, ey!!!

    Und dauernd diese voll-scheiß-beknackte klassische Musik oder was das sein soll, nee, ey, die scheint da voll drauf abzufahren! Ich kotz´ ins Essen, ich hab´ so den Verdacht, dass die die Musik auch noch selber macht!

    Was hör´ ich da gerade, juppheidi und juppheida……………… oh nee ey, scheiße, wo bin ich hier bloß gelandet, so tief ins Klo hab´ ich ja noch nie……….

  • Welttag des Witzes

    Heute ist Welttag des Witzes!

    Das finde ich doch mal eine gute Sache. Könnte man glatt einen Feiertag draus machen.

    Ich hab´ auch gleich einen Super-Witz. Er ist ein bisschen schräg, für Betroffene vielleicht nicht unbedingt so lustig, für Außenstehende aber ein Brüller. Finde ich jedenfalls 🙂 Das Beste an dem Witz ist, dass sich die Begebenheit tatsächlich so zugetragen hat.

    Frau A ist eine Verwandte von mir.

    Frau A trifft Frau B beim Einkaufen. Man kennt sich vom Sport und kommt in´s Gespräch, klassischer Small-Talk.

    Frau A erzählt Frau B, dass sie an Brustkrebs erkrankt ist.

    Darauf Frau B: „Ach herrje, ich war doch dieses Jahr schon auf so vielen Beerdigungen!“.

    Salatkopf
  • Chemo-Alaaf

    Gestern habe ich meine dritte Chemo bekommen, jetzt ist Halbzeit! Die fröhlichen und kampflustigen Chemos sind wie ein Karnevalszug einmarschiert:

    Denn wenn et Trömmelche jeht, dann stonn mer all parat,
    un mer trecke durch die Stadt, un jeder hätt jesaat:
    Chemo Alaaf Alaaf, Chemo Alaaf!
    (Nach: „Wenn et Trömmelche jeht“ von De Räuber.)
    Sie kommen wohl aus Köln, Verzeihung, Kölle 🙂

    War wohl wieder ordentlich was los in meinem Körper. Hab´ aber kaum was mitgekriegt, war wieder so bleiern müde. Nur das sich ein Engelchen und ein Teufelchen in meiner Rübe gezankt haben, das habe ich mitbekommen.
    Ich bin nachts aufgewacht, und meine Zunge hat wie eine trockene Oblate am Gaumen geklebt. Das Engelchen flüsterte „Trink was!“, das Teufelchen flüsterte „Bleib´ liegen! Fühlst dich doch eh wie Blei!“.
    So ging das eine ganze Weile hin und her.
    Zum Glück hat das Engelchen gewonnen. Und schwups, war ich wieder weg.

    Abschnippelkrebs_3
  • Frisur-Modell

    Am Abend, beim gemeinschaftlichen Zähneputzen:
    Unser Jüngster bemerkt: „Deine Haare wachsen wieder!“
    Ich: „Ja, irgendwie kriege ich gar keine richtige Glatze.“
    Er: „Du siehst aus, als ob du in eine Steckdose gegriffen hättest!“ Danke mein lieber Sohn für den herzhaften Lacher, den du mir beschert hast!

    Meine Haare waren nicht komplett ausgefallen, vereinzelt standen noch ein paar einsame Härchen herum. Das hat mich zu diesem „Hut“ inspiriert, ich nenne ihn „Susannes aktuelle Frisur im Modell“.
    Als ich mit diesem Kopfputz ins Wohnzimmer kam, kommentierte unser Jüngster in gewohnt trockener Weise:
    „Da liest man ganz normal Garfield und dann kommt die Mama mit so ´nem Stacheldraht auf´m Kopp!“.
    Ich liebe Kindermund! 🙂

  • Oben ohne!?

    Heute Morgen war ich oben ohne im Garten. Also ohne Kopfbedeckung. Hatte ganz vergessen, eine aufzusetzen. Das war ein schönes Gefühl, als der kühle Wind über mein Stoppelfeld gestrichen ist.

    Wenn jetzt jemand meint, dass das ja wohl nix Besonderes sei, mit Platte im Garten – doch, bei uns und für mich schon. Da gibt es diverse Nachbarn mit Direkteinblick in unseren Garten, von denen könnte mich jemand gesehen haben.

    So ganz ohne traue ich mich (noch?) nicht unter Leute. Vielleicht irgendwann mal? Nee, ich könnte mir vorstellen, dass ich das nicht schaffe. Für mich ist es schon ein bisschen anstrengend, wenn Leute so ganz arg gucken. Ich weiß, ich gucke auch, wenn jemand irgendwie besonders aussieht. Besonders toll (für meinen Geschmack), besonders auffallend…. Auch wenn Leute an Krücken gehen oder einen Gipsarm haben gucke ich bestimmt ein paar Sekunden länger hin.

    Den Knaller haben zwei Damen in einem Restaurant geliefert, wo ich mit meinem Mann und Freunden zum Essen war. Die beiden haben mich ewig lange angestarrt, dass ich irgendwann dachte, na, jetzt müsstet ihr aber endlich mal alles gesehen haben. Ein cooler Spruch ist mir, wie so oft, aber erst zu Hause eingefallen.

    Wenn mich wieder mal jemand so offensichtlich anstarrt, würde ich  (in meinen kühnen Träumen) gerne so reagieren zu können: „Wenn Sie jetzt noch Ihren Mund aufklappen, sieht es noch besser aus!“ Klingt das sehr fies? Na ja, ich werd´s mich wahrscheinlich sowieso nicht trauen.

  • Kindermund

    Im Buchladen, ein Junge spricht mich von hinten an: „Du siehst aus wie meine Lehrerin!“. Ich schaue auf, tatsächlich, es ist ein Junge aus der Grundschule, in der ich als Vertretungslehrerin Sport und Kunst unterrichtet hatte.
    „Warum hast du ein Kopftuch auf?“
    „Weil ich keine Haare mehr habe.“
    „Warum?“
    „Weil ich eine Krankheit habe, bei der man so starke Medikamente nehmen muss, dass die Haare ausfallen.“
    „Kann das jeder kriegen?“
    „Ja, schon.“
    Kleine Pause.
    „Ich bekomme bald einen Hund. Oder eine Katze, oder Fische!“
    „Oh, das ist ja toll. Was davon hättest du denn am liebsten?“
    „Einen Hund! Oder eine Katze! Oder die Fische!“
    Von hinten ruft die Mama des Jungen, dass sie gehen will.
    „Tschüss! Und viel Spaß mit Hund, Katze oder Fischen!“

    Kinder sind so herrlich ehrlich und unverfälscht. Frei heraus, was sie wissen wollen, wird abgeklärt, und wenn´s genug ist, wird das Thema gewechselt. Der Mutter waren die Fragen ihres Sohnes sichtlich peinlich. Ich finde den Jungen super. Seine Mama kann stolz auf ihn sein!

  • Kopf im Sand

    Darf man den Kopf in den Sand stecken? Na klar!

    Nasser Sand kühlt erhitzte Gedanken und hilft beim Fokussieren.

    Man muss die Rübe nur wieder aus dem Sand heraus ziehen, und wer weiß, was dann zum Vorschein kommt :-))

    Das Fotografieren dieses Hutes hat riesig viel Spaß gemacht.

    Das Bild ist an einem Badesee entstanden, es war das erste Shooting in der „Öffentlichkeit“. Die anderen Badegäste fanden die Aktion sehr lustig 🙂

    Mir ist es sehr schwer gefallen, nicht dauernd in Gelächter auszubrechen. Sonst wäre die Sandburg ziemlich schnell zerbröselt!

  • Nachts

    Ich kann nicht einschlafen. Bei uns herrschen 27 ° C im Schlafzimmer. Das ist die Temperatur, die ich mir im Moment für tagsüber und draußen wünsche…..
    In ein paar Stunden bekomme ich (hoffentlich) meine 4. Chemo. Das Wort gefällt mir nicht. Es klingt irgendwie eklig. Nach Chemie (ach was :-)), ungesund, negativ. So ganz und gar und überhaupt nicht „bio“.
    Dabei tut dieses Medikament doch was Gutes! Es kann Krebszellen eliminieren oder zumindest am Vermehren hindern. Es kann Leben verlängern! Den Tod verhindern! Das ist doch eigentlich was Tolles!
    Na ja, es benimmt sich im Körper dabei wie der berühmte Elefant im Porzellanladen. Tollpatschig, ungeschickt, hinterlässt eine Spur der Verwüstung. Aber dafür kann es ja nichts. Die Forschung ist bestimmt fieberhaft am Arbeiten, dass die Nebenwirkungen immer weniger werden. Ich habe mir das Zeug umbenannt in „Heilmittel“. Das gefällt mir besser.
    Auf alle Fälle werde ich meine eigene Forschung betreiben. Ich möchte wissen, ob das Wundermittel noch Wirkung auf Unkraut hat, wenn es durch den Körper durch ist. Bericht folgt!

    Porzellanladen
  • Rummelplatz die 4.

    Heute habe ich die vierte Ladung von dem Wahnsinns-Wundermittel bekommen. Das Prozedere finde ich ja schon ein bisschen lustig. Wenn die Blutwerte in Ordnung sind, ruft die freundliche Praxismitarbeiterin in der Apotheke an und gibt durch, dass die „Chemo für die Frau Emig freigegeben wird“. Wow, und dann geht´s los. Ich stelle mir das so vor:
    Die Telefonistin (oder der Telefonist, ist ja wurscht) in der Apotheke sitzt im Büro, nimmt die Meldung entgegen  und ruft dann in der Buchhaltung an, damit gleich erst mal die Kosten richtig verbucht werden können. Die Buchhaltung ruft den Apotheken-Chef an, denn ohne Chef geht gar nix. Der Apotheken-Chef gibt an seine Sekretärin weiter, dass sie im Labor anrufen kann, dass die Chemo für die Frau Emig freigegeben und verbucht ist. Im Labor wird die Meldung weitergegeben an das Steril-Labor, wo die beiden Apotheker (oder Apothekerinnen, das Geschlecht ist egal, aber es müssen zwei sein, zur Sicherheit) endlich loslegen können mit der Mischung der Wundermittel, die so klangvolle Namen haben wie zum Beispiel „Carboplatin“. Das klingt doch sehr edel, finde ich. Der Preis dafür ist auch sehr edel. Das andere, was ich bekomme, heißt Docetaxel, mit der Betonung auf dem E. Dann klingt das schon viel vornehmer als meine Variante, als ich es noch nicht besser wusste und es einfach „Dotzetatzel“ genannt hatte, ohne Betonung auf dem letzten  E.
    Ich stelle mir dann immer gerne vor, dass die beiden Apotheker in Schutzanzügen unter Hochsicherheitsvorkehrungen meine Mischung anrühren, während es um sie herum blubbert, dampft und blitzt. (Ich weiß, das ist totaler Quatsch. Ich finde die Vorstellung aber lustig.)
    Wenn die Mischung fertig ist, wird sie dem Fahrer übergeben, der sie in einem Hochsicherheits-Spezialtransportgerät (Kühlbox) auf schnellstem Wege in die Onko-Praxis fährt.
    Dort wird das wertvolle Paket an die freundliche Praxismitarbeiterin übergeben, die es eigenhändig auspacken darf. Und was bekomme ich präsentiert?
    Aus einer Plastiktüte, die aussieht wie die Versandtaschen von Klamottenversandhäusern, wird ein unscheinbarer Klarsichtbeutel gefischt  mit meinem Namen drauf und einer durchsichtigen Flüssigkeit drin. Der Beutel sieht aus wie die Gefrierbeutel in meiner Küchenschublade. Es schwimmt leider gar kein Glitzer drin, und die Verpackung könnte auch ein bisschen fantasievoller sein. Mit Goldrand zum Beispiel, als Hinweis auf den wertvollen Inhalt.
    Vor meiner ersten Chemo habe ich tatsächlich gefragt, ob ich eine Wimpelkette an meine Beutel hängen darf. Als gebührende Würdigung für das Hochleistungsmedikament. (Und um die Angelegenheit ein bisschen fröhlich zu gestalten.)  Die freundliche Praxismitarbeiterin wirkte leicht irritiert. Ob ich vielleicht eine andere Idee hätte, um mir meine Sitzung angenehm zu gestalten?
    Ob ich Glitzersterne draufkleben darf? Ich habe ja noch zweimal vor mir, vielleicht traue ich mich zu fragen. Die letzte Sitzung muss eigentlich gefeiert werden!
    Aber die Praxismitarbeiterinnen sind wirklich sehr nett dort. Sehr fürsorglich und bemüht, dass man sich so wohl wie möglich fühlt. Wenn die Chemos rum sind und ich nur noch die Antikörper bekomme, gehe ich bestimmt viel lieber dort hin.
    Was für ein Zeug.
    Sieht so harmlos aus, einfach farblos, klar, verpackt in einen Klarsichtbeutel, und tröpfelt ganz unscheinbar vor sich hin.
    Ich kann nur ahnen, was da für Wahnsinns-Forschungs-Zeiten drin stecken, ein Haufen Arbeit, Ideen, Vorstellungen, Verwürfnisse, Neuanfänge, Diskussionen, endlose Testreihen, und endlich, endlich, das beglückende Ergebnis: Es funktioniert, die Wundermedizin! Wahrscheinlich hat sich am meisten die Pharmaindustrie gefreut. Aber ich freue mich auch, und mit mir bestimmt noch Tausende Andere. Über dieses High-Tech-Zeug, das fiese Krebszellen eliminieren kann. Total cool. Fährt das Zeug da ganz lässig rein, reibt sich die Hände „Wo sind sie denn, die Krebszellen? Ah, da sehe ich schon was, na dann mal los!“ Ärmel hochkrempeln und ran an die Arbeit.

    Abschnippelkrebs 4
  • Am Sonntag Sonnenblumen

    Eine Wahnsinns-Hitze, da draußen.
    Faszinierend, dass manchen Pflanzen die Hitze und die Trockenheit überhaupt nichts ausmacht, während andere müde ihre Köpfe hängen.
    Die Wahnsinns-Sonnenblumen in unserem Garten (eine ist fast 3 Meter hoch! Und das aus einem Samen, der gerade mal daumennagelgroß war!) stehen noch weitgehend fröhlich da, man sieht ihnen aber an, dass ein ordentlicher Regenschauer sehr willkommen wäre.

    Übrigens: Mein Experiment mit der Unkrautbekämpfung durch Chemo-Restbestände hat gezeigt, dass Klee einfach ungerührt weiterlebt.

  • Wie….

    …. kann man in hitzigen Zeiten einen kühlen Kopf bewahren?

    Einfach einen Eisberg aufsetzen!

    Eisberg
  • Erwartungen

    Heute bin ich mal wieder Opfer meiner (hohen?) Erwartungen geworden. Nachdem der Krebs nach den letzten beiden Chemos um 1/3 zurückgegangen war, dachte ich, dass es jetzt so weiter geht. Zurück geht er schon, aber leider nicht mehr so rasant wie beim letzten Mal. Da hat sich doch eine kleine Enttäuschung bei mir breit gemacht, gestehe ich. Na ja, Hauptsache, die Richtung stimmt. Zwei Knoten konnte der Arzt gar nicht mehr in der zweiten Ebene darstellen. Wie das klingt, „in der zweiten Ebene“! Mediziner-Deutsch ist auch eine tolle Sprache. Bedeutet das jetzt, dass der Krebs platt wie eine Briefmarke ist?

    Es heißt ja, dass man am besten überhaupt keine Erwartungen haben soll. Geht das? Kriegt das jemand hin? Ich habe aber auch schon gelesen, dass Erwartungen sinnvoll und wichtig sind, sonst ginge nichts voran. Es wird wieder wie mit allem sein, die goldene Mitte ist am besten. Und wo die ist, darf/muss jeder für sich selbst entscheiden.

    Dieser kleine Dämpfer (der ja eigentlich gar keiner ist) ist vielleicht ganz gut für mich, dann sind meine Erwartungen beim nächsten Check nicht mehr ganz so hoch. Und danach ist es eh wurscht, was der Krebs macht. Dann habe ich mein Chemo-Paket abgearbeitet und der letzte Rest wird auf die radikale Art und Weise entsorgt. Zack, weg!

    Der dabbische (schreibt man das so auf Hessisch?) Krebs kann also schon mal seine Koffer packen, die längste Zeit war´s das mit der Beherbergung 🙂

    Schmetterling
  • Die Vorletzte

    So, die fünfte Ladung habe ich intus, ich verschwinde dann mal wieder in der Versenkung.
    Ein kleines Bisschen habe ich auf Aufschub gehofft durch einen schlechten Leukozytenwert zum Beispiel. Aber die berappeln sich immer wieder ganz treu bis kurz über den Grenzwert.
    Na dann, was weg ist ist weg.
    Ich habe mal vorsichtig angefragt, ob es vorkommen könnte, dass jemand befindet, dass ich doch noch ein paar Chemos mehr brauche. Nein, ist erstmal nicht angedacht. Puh, das klingt sehr gut. Es würde mir dann nämlich erstmal reichen. Mittlerweile würde ich Chemo-Aushalten glatt zum Hochleistungssport zählen. Meine Fortbewegungsgeschwindigkeit liegt zwar im Moment nur kurz über Schneckentempo, aber schnaufen kann ich, als ob ich die 100 m in 8 Sekunden geschafft hätte.
    Jetzt habe ich nur noch eine letzte Chemo vor mir. Eine LETZTE! Jippieh! Das muss gefeiert werden!

    Abschnippelkrebs 5
  • Lauter Schönes

    Es gibt Zeiten im Leben einer Frau, da möchte sie ihren stetigen Begleiter immer und ganz nah bei sich haben.
    Mein ständiger Begleiter ist im Moment eine Kosmetiktuch-Box. Kosmetiktücher sind nur zweilagig und passen dadurch besser in eine malträtierte Nase als die üblichen Taschentücher. Für mich und alle Frauen, für die die Kosmetiktuch-Box unentbehrlich ist, habe ich das KOSMETIKTUCH-BÖXCHEN-ON-TOP in einer einmaligen Sondergröße entwickelt. Es ist formschön, mit einem Hauch von Extravaganz und dennoch unglaublich praktisch, denn man hat die Hände frei und es stört nirgends!
    Bestellungen werden unter den bekannten Kontaktmöglichkeiten entgegengenommen 🙂

    Zum Thema Schönheit und Kosmetik:
    Dieser Sommer beschert mir auch Schönes. Es ist der Sommer, in dem ich mir kein einziges Mal die Beine rasieren musste, ich habe gezupfte Augenbrauen  (und das völlig schmerzfrei), und ich habe geringelte Fingernägel bekommen, ganz ohne „Nail-Art-Studio“! Kürzlich ist mir aufgefallen, dass meine Fingernägel rosa-weiß-geringelt nachwachsen. Wie die Jahresringe bei Bäumen! Diese „Chemo-Ringel“ finde ich die niedlichste Nebenwirkung.

  • So darfst du nicht denken!
    Silberblatt1
    Silberblatt2

    In meinen dunkelsten Stunden beschleicht mich doch das eine oder andere Mal der Gedanke „Mir ist alles egal, dann sterbe ich halt.“. Keine Ahnung, wie der Chemo-Cocktail es hinbekommt, Gedanken dieser Art ins Gehirn zu zaubern.
    Ich erschrecke dann immer über mich, fühle mich schuldig, so schlimme Gedanken zu haben und versuche ganz schnell, die Gedanken los zu werden. Tröstlich ist für mich zu wissen, dass viele (vielleicht sogar alle?) Chemo-Patienten solche Gedanken haben. Tröstlich ist auch zu wissen, dass diese Tage vorbei gehen und die Gedanken so schnell verschwinden, wie sie gekommen sind. Bei mir ist das jedenfalls so, zum Glück.
    Die Aussage „Sowas darfst du nicht denken!“ kann ich in diesem Zusammenhang überhaupt nicht leiden. Ich will die Gedanken ja gar nicht haben! Sie kommen einfach angeflogen und krallen sich in meinem Hirn fest. Die einzige Möglichkeit, die ich da sehe, ist, die Gedanken irgendwie umzuwandeln oder umzuleiten. Oder für Ablenkung zu sorgen (DVDs gucken!).
    Sehr hilfreich finde ich die Vorgehensweise, die mir ein lieber Freund beschrieben hat:

    Woraus bestehen Gedanken?
    Aus Worten.
    Woraus bestehen Worte?
    Aus Buchstaben.
    Woraus bestehen Buchstaben?
    Aus Strichen.

    Das finde ich eine schöne Vorstellung: Es sind nur Striche, mehr nicht! Es sind nur Gedanken, nichts Greifbares, Anfassbares, Essbares………keine Realität!
    Und plötzlich, ohne Vorwarnung, ist sie wieder da, die riesige Lust am Leben, die Lust auf Lachen, die Lust am Dasein! Was für ein Glück.

    Sonne auf der Haut,
    Wind in den Haaren Blättern,
    weht dunkle Gedanken fort.
    Hier und jetzt,
    in diesem Moment,
    bin ich am Leben.
    Gras streichelt meine Füße,
    die Erde trägt mich,
    und ich spüre die Kraft,
    die alles wachsen lassen kann.
    Auch ein kleines Pflänzchen Freude.

  • Kaktus

    Manchmal wäre ich gerne ein Kaktus.
    Mit schönen, langen, festen Stacheln.
    Und wer mir blöd kommt, wird einfach gepiekst!

    Kaktus
  • Feiern!

    Hurra, die letzte Chemo! Ich habe mich tatsächlich getraut zu fragen, ob ich die Chemo-Beutel mit Sternchen bekleben darf. Voilà!

    Mal sehen, wie es mit den Nebenwirkungen ist, wenn man weiß, dass man sie ein letztes Mal aushalten muss. Ich habe vorsichtig nachgefragt, ob jemand befindet, dass ich doch noch ein paar Chemos mehr brauche. Nein, ist erstmal nicht angedacht. Puh, das klingt sehr gut. Es würde mir dann nämlich erstmal reichen.

    PS: Der Kuchen ist tatsächlich echt. Wir haben ihn uns nach dem Fotografieren schmecken lassen 🙂

  • Morgens

    Wenn ich aus dem Bett aufstehen will, muss ich im Moment immer erst ein bisschen „Vorglühen“: Beine strecken, Arme bewegen, Rücken durchbiegen, einmal auf die linke Seite drehen, einmal auf die rechte, und dann abwarten, bis die Achterbahn über das Kopfsteinpflaster gerattert ist. Dann geht´s, ohne dass mein matschiges Hirn im Kopf kreist und ich umkippe. Zum Schluss noch Streichhölzer in die Augen geklemmt, dass sie offen bleiben, und der Tag kann losgehen 🙂 Heieiei, was für ein Kram.

    Ansonsten wirkt die Freude darüber, dass es die letzte Chemo ist, äußerst gut. Mein häufigster Gedanke im Moment: „Zum letzten Mal, zum letzten Mal, zum letzten Mal!!!“ Klingt etwas eintönig, hilft aber sehr. Heute Morgen habe ich genussvoll die erste Tablettenpackung weggeschmissen. Ab in den Müll, nie wieder!

    Äußerst schade finde ich, dass mir Süßes gar nicht mehr schmeckt. Das hätte jetzt bei der letzten Chemo nicht mehr auftreten müssen. Na ja, so wie ich mich kenne, kommt die Süßlust mit Sicherheit wieder, und dann weiß ich, dass es wieder bergauf geht 🙂

    Schallplatte

    (Die Röte in meinem Gesicht ist kein Rouge-Unfall, das kommt vom Kortison :-))

  • Ein schlimmer Tag

    Oh, heute ist wohl der schlimmste Tag……. Jedenfalls weiß ich nicht, wohin mit mir. Ich fühle mich so schwach und weiß nicht, wie ich mir helfen kann.

    Raus an die frische Luft, in die Sonne? Spazieren? Oder doch lieber flach hinlegen? Immerhin geht Cola heute wieder, das ist ja schon mal was. Dieser Tag wird auch herum gehen, und dann ist das Schlimmste geschafft, denke ich.

    Zum letzten Mal, zum letzten Mal, zum letzten Mal! Hoffentlich!

    Hoffentlich kommt nicht schon bald die andere Brustseite mit Krebs um die Ecke oder ein anderes Organ. Das wäre furchtbar. Ich brauche jetzt erstmal Erholung von der Scheiße.

    Hoffentlich gibt es bald Mittel, Krebs „angenehmer“ zu beseitigen.

    Cola
  • Marienkäfer

    Heute habe ich das Sonnensegel aus dem Keller geholt, und beim Auseinanderfalten sehe ich, dass da ein wunderschöner Marienkäfer drin sitzt! Der arme Kerl! Hockt schon seit vielen Wochen in unserem Keller! Und bekommt immer nur dann Licht ab, wenn ich Wäsche wasche! Wobei das recht häufig vorkommt . Ich staune und denke, was für ein zähes Kerlchen, so lange ohne Wasser und Nahrung, und er lebt noch!
    Im Tierreich gibt es erstaunliche Fähigkeiten. Sich totstellen oder sich tarnen, wenn Gefahr naht, die Temperatur herunterregeln, wenn es kälter wird, und in der Sonne einfach wieder auftauen – fantastisch. Im Internet habe ich noch einen tollen Begriff gefunden: Dormanz. Kommt von „Schlafen“ und bezeichnet alle Formen der Entwicklungsverzögerung bei Lebewesen. Laut Lexikon gewährleisten Dormanzphasen vor allem ein Überleben der Tiere und Pflanzen bei ungünstigen Umweltbedingungen. Ich finde, bei Menschen gibt es das durchaus auch 🙂 Man wundert sich, warum es so schwer vorangeht, dabei sind einfach die Umweltbedingungen schlecht und man sollte vielleicht lieber ein Nickerchen halten.

    In der Medizin gibt es ein geniales Wundermitttel für ungünstige Bedingungen (in meinem Fall: Angst vor der OP). So eine Mir-ist-alles-egal-Tablette habe ich mir beim OP-Vorgespräch gleich mitbestellt. Leider wird dieses lustige Mittelchen nicht großzügig hergegeben, weil es süchtig macht. Schade. So ein kleiner Vorrat für die Not wäre schon toll……Na ja, wenn man durch den einen oder anderen Mist nicht persönlich und bei vollem Bewusstsein durchgeht, lernt man nix für´s Leben, und das ist schon wichtig.
    Den Marienkäfer habe ich auf ein nasses Blatt gesetzt und in den Schatten getragen, in der Hoffnung, dass er ein schönes Plätzchen für sich findet.  Als ich nach einiger Zeit nach ihm sehen wollte, war er tatsächlich weg.

    Den Überraschungs-Marienkäfer nehme ich für mich als Vorbild. Ich möchte auch so gut durchhalten können wie er. Einen Marienkäfer zu sehen, soll ja Glück bringen, davon nehme ich auch gerne ein bisschen.

  • Ein bisschen verrückt

    Das musste ich unbedingt machen, bevor die Haarpracht wieder sprießt!

    Übrigens, das ist Schokoladen-Soße 🙂

  • Enttäuscht

    Boah, ist die scheiße drauf, super-geil!
    Hat wohl gedacht, dass ich 1 a verschwinde!
    Tja, falsch gedacht, bin immer noch da!
    Mich wird man so leicht nicht los, das kann ´se jetzt endlich mal kapieren!

    Krebs Sieger

    Zeichnung: Jochen Schwemm

    Na toll. Er ist kleiner geworden, aber nur ein bisschen. So viel Mühe für so ein kleines Ergebnis! Oh je, ich bin so enttäuscht.
    Und sofort kommen die Selbstzweifel. Habe ich zuviel Zucker gegessen? Habe ich sonst irgendwas falsch gemacht?
    Ich frage mich, wie sie den Mist gut wegschnippeln wollen. Der eine Tumor sitzt so nah am Rand. Noch nicht mal die beiden kleinen Tumore sind weg! Die waren zu Beginn 0,4 und 0,5 cm groß, wenigstens diese beiden hätte es doch mal wegbröseln können!
    Da geht man durch so eine riesige Scheiße, hat die ätzendsten Nebenwirkungen, und dann tut sich fast gar nichts!

  • Schlagseite

    Heute habe ich mein Freiticket für einmal Voll-Delirium-und-zurück abgeholt. Den Namen der OP konnte ich mir bisher schlecht merken. Das hat auch der Narkosearzt gemerkt. Als er mich fragte, welche OP durchgeführt werden wird, war meine Antwort: „Ab!“. Herrlich, dieser verständnislose Gesichtsausdruck! Stimmt ja, vor dem armen Mann sitzen viele Patienten mit den unterschiedlichsten OP-Vorhaben. Da mir der offizielle Name der OP nicht einfallen wollte, war meine genauere Erläuterung für ihn: „Brust ab!.“ Ah ja, damit konnte er was anfangen. Mastektomie heißt es richtig.
    Dann war da noch die Frage, wie ich es denn gerne hätte. Mit Brust-Aufbau oder ohne? Falls mit, mit Eigenfett, Muskelverpflanzung oder Silikon? Das sind Fragen, auweia, mir schwirrt der Kopf. Ich habe mich für „mit ohne Aufbau“ entschieden. Mag erstmal kein Silikon im Körper haben. Meine Muskeln sollen auch bleiben, wo sie sind, und mein Speck sowieso 🙂

    Papierschiff

    Bald werde ich Schlagseite haben…

  • Ich packe meinen Koffer…

    Ach, wie ist das schön!
    Seit der letzten Chemo sind drei Wochen um, und wenn ich noch mittendrin wäre, müsste ich heute hin und mir die nächste Ladung abholen. Muss ich aber nicht! Bin schon fertig damit!! Das finde ich heute ganz wunderbar.
    Keine Nebenwirkungen mehr, nicht mehr endlos schlapp sein, knallrot im Gesicht werden, total miese Stimmung haben, keine Übelkeit mehr, keinen blöden Geschmack im Mund…….. Die angegriffenen Nerven bekommen keine weitere Schädigung mehr ab, das Essen schmeckt von Tag zu Tag besser und die Energie kehrt zurück!

    Weil ich gerade Zeit habe, packe ich schon mal meinen Koffer. Ich nehme mit:
    Den üblichen Kram, Müsliriegel, salzige Cracker, Nougatcreme vom Le Chocolat (ich finde, in besonderen Situationen darf es auch was Besonderes sein), Ribisel-Sekt zum Anstoßen für danach, ein paar Lebkuchen ….. (das Essen im Krankenhaus ist nicht der Brüller. Da sorge ich lieber vor mit ein paar Ergänzungen.) ……. und natürlich Zahnbürste und Zahnpasta!!

    Zahnpasta

    Das ist eine Spezial-Zahnpasta-Tube, die eigentlich dafür gedacht ist:

    Zahnpasta
  • Gesundes

    Als eine liebe Freundin gelesen hat, was ich alles in meinen Krankenhauskoffer packe, hat sie spontan beschlossen, dass da dringend noch ein paar Vitamine dazu müssen. Als Ausgleich für meinen Süßkram. Danke, liebe Tani! Sieht toll aus. Fast zu schade zum Aufessen 🙂
    Meine Abwehrzellen waren heute Morgen noch ganz schön niedrig, zu niedrig für eine OP. Da habe ich mich heimlich ein bisschen gefreut, dass ich eine Woche Aufschub bekomme. Bis die Ärztin mit einem Rezept vor meiner Nase herumgewedelt hat. Es gibt die Möglichkeit, den Abwehrzellen nachzuhelfen. Ach, das ist ja  ………… äh ……….  toll! Ich darf mir das Hilfsmittel sogar selber spritzen. Ohhhh, das ist ja …….. äh ……… noch toller!
    Also gut. Dann erzähle ich mir  jetzt selber den Text, den ich anderen Leuten gerne „predige“: Was rum ist, ist rum und nervt nicht mehr. Eine Woche Aufschub bedeutet auch eine Woche länger nervös sein. Was die Sache nicht besser macht. Und es hilft ja nix, was muss, das muss. Ich spüre schon ganz deutlich, wie mich mein eigener Text aufbaut 🙂

    Vitamine
  • Beinahe…

    ………. hätte ich vergessen, die Mülltüte einzupacken.
    Für das Krebs-Arschloch.
    Weg mit dem Oberkack-Mist-verdammten-Scheiß-Arsch!!!!
    Fahr´ zur Hölle!!!!
    Und nimm´ alle deine Kumpels gleich mit!!!!!!!!
    Ahh, das hat gut getan.

    Plastikfee

    Eine große Auswahl an tollsten Schimpfwörtern findest du unter WAS-GUT-TUT

  • Wegen Umbauarbeiten geschlossen

    Mein Körper ist eine Baustelle.
    Er wird vermessen, durchleuchtet,
    bearbeitet, geht durch viele Hände.
    Manche sind behutsam, manche nicht.
    Ich halte es aus.
    Ich will die medizinische Hilfe,
    denn ich vertraue ihr.
    Ich will wieder gesund werden.
    Unbedingt!

    Baustelle
  • So eine riesengroße…

    ... Scheiße ey!!

    Ich glaub´s nich, mann, das gib´s ja wohl nich!! Voll im falschen Body gelandet ey!
    Scheiße mann, erst lief´s doch ganz gut! Die war total sauer, dass ich trotz Chemo immer noch da war! Das war saugeil, boah, hat volle Möhre Spaß gemacht!
    Aber die Aktion hier geht mir voll auf den Sack, das könnt ihr mir glauben. Voll Oberkacke ey, wo soll ich´n jetzt hin?
    Hey, sind hier irgendwo Kumpels? Hört mich jemand?? Halloooo!!!
    Ach, das ist doch scheiße mann. Wo iss´n mein Koffer, ich hau´ ab………………

    KrebsliebtSusi
  • Vorher/Nachher

    Du schläfst ein: Alles noch dran. Du wachst auf: Ein Körperteil fehlt. Das finde ich total verrückt und unwirklich. In der Realität hat es knapp 2 Stunden gedauert, für mich sind gefühlt gerade mal 5 Minuten vergangen. Da muss ich gedanklich jetzt erstmal hinterher kommen.
    Das Herz sagt: „ Die haben mir tatsächlich meine Brust weggenommen! Ohne nochmal nachzufragen! Metzger! Schweinepriester!!“
    Die Vernunft sagt: „Du willst doch weiterleben, oder? Dir wurde nichts weggenommen, du hast ein Körperteil eingetauscht gegen Gesundheit.“ Dieser Gedanke kommt nicht von mir, sondern von der Onko-Psychologin, die kurz vor der OP noch einmal bei mir vorbeikam, zum Glück.
    Immerhin, gedanklich komme ich langsam in die Richtung, dass es nicht die Chirurgen waren, die mir etwas weggenommen haben, sondern der Krebs, dieses vermaledeite Oberarschloch. Die Chirurgen haben nur ihre Arbeit getan, und das haben sie, jedenfalls in meinem Fall, sehr gut gemacht. Also: Herzlichen Dank! Bis ich davon auch optisch überzeugt bin, dauert es noch eine Weile. Es ist schon ein bisschen schräg, wenn man bei der Visite begutachtet wird und der Arzt sagt: „Sieht gut aus!“, während man selber findet, dass man in dem Bereich eher einem Blobfisch ähnelt.
    Faszinierend finde ich, dass der Körper sofort mit den Aufräumarbeiten beginnt, so nach dem Motto: „Problem aufgetaucht? Alle Mann an die Arbeit! Sofort aus der Welt schaffen!“ So ein menschlicher Körper ist schon ein Wunderwerk mit all´ den Mechanismen, die da ineinandergreifen. Von ganz alleine und aus sich selbst heraus, ohne jegliches Zutun!
    Die Seele, tja, die ist auch ordentlich am Rotieren. Das wird wohl eine Weile dauern, bis ich mich mit den „Neuigkeiten“ angefreundet habe.

    Gesund1
    Gesund2
    Gesund3
  • Ab

    Ich kann es noch nicht richtig glauben. Die linke Brust ist tatsächlich ab. Sie haben sie wirklich abgeschnitten. Verrückt.
    Heute Morgen bei der Visite konnte ich nicht hingucken. Dauert auch noch eine Weile, glaube ich. Ganz vorsichtig habe ich mich angefasst. Rechts: Noch alles da, hügelig, weich, warm.
    Links: Flach. Unglaublich.
    Auf dem Gang hört man immer mal wieder ein Neugeborenes krähen. Wie süß. Ich bin froh, dass ich auf der Entbindungsstation ein Zimmer habe und nicht auf dem Gang, wo nur die Kranken liegen.
    Hab´ doch mal vorsichtig hingeguckt. Ganz langsam den Pulli hochgehoben……..
    ………und sofort wieder fallen lassen. Dauert noch.

  • Tal der Tränen

    Rumms, da ist es, das Tal der Tränen. Heute bin ich eine echte Heulsuse, auweia.
    Der Arm fühlt sich in der Achselhöhle und ein Stück weiter taub an. Die Narbe sieht aus, als ob  sie aus ihren Nähten platzen wollte. Ist das normal? Was ist normal? Was darf sein, was nicht? Kann mir mal bitte jemand helfen? Ich weiß nicht mehr weiter.
    Mir wurde gesagt, „Wenn Sie die Chemo geschafft haben, ist die OP ein Klacks für Sie!“. Finde ich im Moment überhaupt nicht. Wie kann man nur sowas sagen?!
    Mein Kopf weiß, dass es Schlimmeres gibt, aber mein Gefühl kapiert das nicht. Das meldet einfach „SCHEISSE!!!“.
    Hoffentlich geht´s mir morgen besser. Bitte!

  • Frisur-Test

    Der Arm soll noch geschont werden, deshalb kann ich gerade keine tollen Hüte basteln. Aber ein paar vorfreudige Frisuren, das geht!

  • An die Säule gekleistert

    Ich bin ein Fan von Litfaßsäulen. Es gibt so schöne! Könnte man glatt einen Bildband mit machen. Da hatte der Herr Litfaß eine prima Idee, damals, vor rund 160 Jahren. Gedacht waren die Säulen, um der wilden Plakatierung an allen möglichen und unmöglichen Wänden Herr zu werden. Damals hießen sie „Annoncier-Säulen“, ist das nicht ein herrliches Wort? Ich hoffe, dass diese Säulen niemals der Modernisierung zum Opfer fallen und abgeschafft werden.

    Was würde ich heute für ein Plakat ankleben?

    Eins, wo riesengroß „KREBS IST EINE SCHEISS-KRANKHEIT!!!“ drauf steht. Das ist wahrlich nicht besonders kreativ, entspricht aber meiner heutigen Stimmung.
    Heute war die „Nachbesprechung“ der OP und gleichzeitig auch die „Vorbesprechung“ der nächsten Maßnahmen. Die Untersuchung des entfernten Materials hat ergeben, dass zwei Lymphknoten von Krebszellen befallen waren. Das finde ich kacke. Zwei sind nicht wahnsinnig viel, aber trotzdem. Es bedeutet ja, dass der Mist schon losgewandert war. Und außerdem muss ich jetzt auch noch zur Bestrahlung. Das ist wohl die leichteste Übung in der Bearbeitung des Arschlochs, aber es nervt langsam, ständig damit zu tun zu haben. Und dann noch jahrelang Tabletten nehmen, die die Knochen weich machen (können)……… Ich weiß, es gibt viele schlimme Krankheiten und auch solche, die einem ein ganzes Leben lang zu schaffen machen. Ich höre auch schon auf zu jammern…
    Bisher ist alles gut gegangen und das wird es hoffentlich auch weiterhin. Ohne den Krebs hätte ich mich höchstwahrscheinlich nie mit Litfaßsäulen beschäftigt, und das war doch jetzt eine sehr bereichernde Angelegenheit. Finde ich jedenfalls 🙂

    Litfaßsäule
  • Bandsalat

    So einen Wirrwarr hat man besser auf dem Kopf als innen drin!

    Bandsalat

    Frag´ nach! Aber lieber nicht im Internet. Das Stöbern dort hat bei mir nur noch mehr Sorgen verursacht. Ich habe mich schon halb tot gesehen. Lymphknotenbefall, Heilungschance sinkt rapide, scheiße.
    Nach einer sorgenvollen Nacht habe ich mich doch dazu durchgerungen, nochmal ins Krankenhaus zu gehen, um einen Arzt zu fragen wegen den befallenen Lymphknoten. Die Nachricht, das zwei befallen sind, hat mich total runter gezogen. Der Mist war also schon gewandert. Scheiße. Die Dame am Telefon hat mich freundlich an meine Frauenärztin verwiesen, aber ich habe mich in letzter Sekunde doch noch getraut, standhaft zu bleiben, und es hat geklappt! Ich durfte kommen! Das war mein Stolz des Tages 🙂 Ich habe mich nicht abwimmeln lassen!
    Glücklicherweise kam sogar die Ärztin zu mir, die mich operiert hat. Eine ganz Nette! Allein das war schon schön. Noch schöner war, dass sie mir ganz viele Ängste genommen hat. „Es waren doch nur zwei Lymphknoten,“ meinte sie „und die Knoten danach waren frei. Das ist doch super. Und man hat an einem Lymphknoten gesehen, dass die Chemo wirkt, das ist doch auch total gut!“. Und die Lymphbahnen sind krebsfrei, das sei doch auch oberklasse. Und überhaupt sei ja jetzt alles rausgeschnippelt und weg. Okay, wenn sie meint….
    Dann hat sie mir noch erklärt, dass sie den Schnitt waagerecht gemacht hat und nicht leicht geneigt wegen meinem kleinen Fettpölsterchen oben vorne an der Achsel. Narben würden dazu neigen, sich nach innen zu ziehen, und das würde dann nicht so schön aussehen. Sie hätte vorher nochmal meinen Arm an den Körper gelegt, um zu gucken, wie alles so aussieht. „Es soll ja auch kosmetisch schön werden,“ meinte sie.
    Na ja. Die Narbe würde gut verheilen, ich dürfe ihr noch Zeit lassen. Es sei ja schon eine lange Narbe, das brauche Zeit zum Heilen und auch das Gewebe darunter müsse sich beruhigen und wieder stabilisieren.
    Jetzt bin ich etwas beruhigter. Toll finde ich die ganze Angelegenheit immer noch nicht, aber es ist halt so, wie es ist.

  • Gegensätze

    Während draußen der Herbst ein prachtvolles Farbfeuerwerk präsentiert, beobachte ich an mir ein rührendes Frühlingserwachen. Überall wachsen die Haare wieder! Den Augenbrauenstift kann ich weglegen (und dafür die Pinzette wieder hervorholen – autsch!).
    Ich habe schon gehört, dass die Haare nach einer Chemo oft anders nachwachsen, mit anderer Farbe, lockiger… dass aber sowas dabei herauskommen kann, hätte ich nicht für möglich gehalten 🙂

    Afro
  • Fell

    Die Inspiration zu diesem Kopfputz hat mir unser Jüngster mit seinem herrlichen Humor geliefert.
    Sein Ausruf, als er meinen kurzen Flaum auf dem Kopf sieht:
    „Na, wächst das Fell wieder?“.

  • Weiter geht´s

    Wie das im Leben so ist – mal hat man freie Fahrt, mal steht man im Stau. Manchmal macht man auch einfach Pause auf dem Parkplatz.
    Meine „Bearbeitungspause“ ist am 21. November vorbei, ab da geht es weiter mit der Bestrahlung. Bis in´s neue Jahr hinein! Mannometer, da wird ganz schön Aufwand betrieben, um dieses Krebs-Arsch zu eliminieren. Man braucht einen langen Atem.
    Immerhin ist es heilbar. Das sind doch schöne Aussichten. Hoffentlich klappt´s bei mir auch.

    Das ist ein Wendehut. Man kann ihn so oder so herum tragen 🙂

  • Alles hängt

    „Ach herrje, wir sind total ausgebucht! Aber nächste Woche bekommen wir einen neuen Kollegen, bei dem ist noch alles frei!“
    Mein Arm braucht Physiotherapie, weil er sich für die anstehende Bestrahlung besser bewegen lassen muss als er das jetzt tut. Mir wäre es zwar lieber gewesen, wenn eine Frau meinen Arm wieder zur vollen Beweglichkeit verholfen hätte, aber der Notstand in den Physio-Praxen scheint groß zu sein, nirgends sind kurzfristig freie Termine verfügbar, also lasse ich mich bei dem neuen Kollegen eintragen. Und dann steht er vor mir, der neue Kollege, an meinem ersten Tag, und es stellt sich heraus, dass es auch sein erster Tag ist. Sein allererster Arbeitstag überhaupt! Ich ertappe mich kurz bei dem Gedanken, dass mir nicht nur eine Frau, sondern auch jemand mit Erfahrung lieber gewesen wäre. Andererseits, junge Leute frisch von der Physio-Schule bringen frischen Wind und die neuesten Erkenntnisse mit. Der junge Mann macht seine Arbeit auch wirklich gut. Mit einer rührenden Ernsthaftigkeit knetet und walkt er mein Gewebe, mit großer Vorsicht führt er meinen Arm in die verschiedensten Richtungen und es wirkt! Der Arm wird immer beweglicher. Die nächste Übung soll ich im Vierfüßlerstand ausführen. Auf der Liege. Mit freiem Oberkörper! Mit leichtem Unbehagen begebe ich mich in die Position und fange brav mit der Übung an, aber die ganze Zeit nagt der Gedanke an mir, dass der junge Mann (er könnte mein Sohn sein!) gerade beste Sicht auf die Auswirkungen von Alter und Schwerkraft hat. Eine kleine Weile ringe ich noch mit mir, dann beschließe ich endlich, dass ich wenigstens mein T-Shirt wieder anziehen will. Und siehe da, beim nächsen Mal verkündet der junge Mann von sich aus, dass ich für die Übungen meine Klamotten wieder anziehen darf. Und ich habe wieder mal gelernt, dass ich ruhig für meine Wünsche einstehen darf.

    Hängebauch, Hängebusen, Hängehut!
    Hüte dieser Art heißen tatsächlich „Schlapphut“!
  • Schwerbehindert

    Heute ist mein Schwerbehindertenausweis angekommen. Ich bin jetzt offiziell und mit Ausweis bestätigt schwerbehindert. Irgendwie liegt mir dieses Wort schwer im Magen. Es ist so komisch, ich fühle mich überhaupt nicht behindert, aber ich hab´ einen Ausweis mit 60 % bekommen! Dieses Wort ist einfach nicht mehr so ganz wertungsfrei, finde ich. So wie Neger zum Beispiel. Das ist durch abwertende Nutzung zu einem Schimpfwort geworden. Man musste dann Schwarze sagen, dann Farbige und mittlerweile Maximalpigmentierte. Dabei finde ich das Wort „Neger“ eigentlich schön. Man kann es umdrehen, dann wird „Regen“ daraus. Das geht mit „Maximalpigmentierte“ nicht. „Mohr“ finde ich auch toll. Das hat so was märchenhaftes. Und es gibt den „Sarotti-Mohr“, der muss unbedingt weiterhin so heißen. Sarotti-Maximalpigmentierter klingt überhaupt nicht schokoladig, finde ich.

    (Bin ich jetzt verdächtig, weil ich solche Wörter im Netz herumschicke?)

    Bei dem Wort „Behinderung“ fällt mir sofort dieses blaue Zeichen mit dem Rollstuhl darauf ein, mit dem man auf dem Behindertenparkplatz parken darf. Wegen körperlicher Behinderung. Ehrlich gesagt war das meine erste Frage, als mir gesagt wurde, dass ich einen Behindertenausweis beantragen darf. Ob ich dann auch auf den Behindertenparkplätzen parken dürfe. (Noch ein Beispiel aus der Liste meiner Peinlichkeiten!) Geistige Behinderung kommt mir auch in den Sinn. Mag man alles nicht haben…..

    Meine „Gesundheitsstörungen“ sind laut Bescheid die Auswirkungen durch Verlust der linken Brust (das reimt sich ja!) und Gewebeneubildung der linken Brustdrüse in Heilungsbewährung. Solche Wörter finde ich herrlich. HEILUNGSBEWÄHRUNG! Wer hat sich das denn ausgedacht? Und was hat derjenige damit gemeint? Das sich erst noch zeigen muss, dass da tatsächlich was heilt?

    Für was der Ausweis nützlich sein kann, habe ich noch gar nicht so genau herausgefunden. Ich komme jetzt günstiger ins Theater, das ist ja schön. Und noch ein paar andere Sachen, na ja.

    Den Ausweis habe ich ganz weit hinten in meinen Geldbeutel gesteckt. Mag nicht dauernd daran erinnert werden, dass ich „behindert“ bin.

    Ich könnte mal nachforschen, wo man sich bewerben muss, dass man an die Stelle kommt, wo solche Wörter und Bezeichnungen erfunden werden. Und dann würde ich mich dafür einsezten, das Ding in „Tapferkeitsorden“ umzubenennen. Das passt viel besser, finde ich.

  • Es wird wieder

    Meine neue Silhouette sieht lustig aus:

    Von der einen Seite wie gewohnt, von der anderen platt. Wie ein Bügelbrett. Kein Hügel mehr. Ach ja.

    Alle Haare wachsen wieder. Am meisten freue ich mich über die auf dem Kopf und über die Augenbrauen. Endlich wieder meine original echten eigenen Augenbrauen!

    Die Haare an den Beinen bräuchte ich nicht, aber da gibt es nichts auszusuchen. Alle oder keine 🙂

    Meine Fingernägel sind total brüchig. Das Material, das während der Chemo dort gewachsen ist, ist echt schlecht, es reißt schon ein, wenn es nur 2 Millimeter heraussteht.

    Und ich komme mir ein bisschen tolpatschig vor. Minimal grobmotorisch.

    Die Kuppen an den Fußzehen sind noch ein bisschen taub, aber nicht schlimm. Die linke Ferse ist noch ziemlich taub. Hoffentlich geht das alles wieder weg.

  • „Der, die, das…

    …wer, wie, was,
    wieso, weshalb, warum,
    wer nicht fragt, bleibt dumm!
    1000 tolle Sachen, die gibt es überall zu sehen. 
    Manchmal muss man fragen, um sie zu versteh´n!“

    Ein herrliches Lied aus meiner Kinderzeit! Vor allem die krachige Musik dazu finde ich spitzenmäßig.
    Es lohnt sich, zu fragen. Immer!
    Sonst hätte ich nie erfahren, dass ein Bestrahlungsgerät ungefähr 1,2  Millionen Euro kostet, dass die Stifte, die sie zum Markieren benutzen, nach ca. 3 Monate leer gemalt sind und dass meine Befürchtungen unbegründet sind.
    Bei der Bestrahlung liege ich auf dem Rücken und über mir befindet sich das „Strahlenschussgerät“. (Den Namen könnte ich eigentlich auch mal erfragen.) Einmal kommt die Strahlung von schräg rechts oben, einmal von schräg links unten, und zum Schluss frontal von oben. Das fand ich bedenklich. Dann geht die Strahlung doch durch meine Lunge und mein Herz durch!? Der nette Herr, der zusammen mit der netten Dame immer die Striche nachpinselt, konnte mich beruhigen. Die ersten beiden Positionen sind so eingestellt, dass sich die Strahlen dort treffen, wo früher der Tumor war. Sie verlaufen tangential, d. h. Lunge und Herz werden nicht mitbestrahlt. (So gut es geht, jedenfalls.) Die letzte Einstellung zielt auf den Lymphabfluss an der Achselhöhle, da sind keine Organe, die geschädigt werden könnten. Deshalb darf sie direkt von oben kommen. Uff, jetzt bin ich erleichtert. Ich weiß, eine Chemo ist viel schlimmer für den Körper als die Bestrahlung, aber ich fühle mich trotzdem irgendwie unbehaglich, weiß auch nicht, warum.
    Man sieht nichts, man spürt nichts, und wenn das Gerät nicht während der Bestrahlung piepsen würde, würde man noch nicht einmal was hören.
    Ist schon irgendwie komisch. Blaue Lichtlinien leuchten, die Helfer verlassen den Raum, das muss doch irgendwie gefährlich sein!?

    Bis jetzt kann ich mich noch nicht so richtig damit anfreunden. Heute kam mir die Idee, mir das Bestrahlungsgerät wie eine Höhensonne vorzustellen, die mir wärmende, heilende Strahlen schickt. Damit geht es mir besser. Auf alle Fälle freue ich mich darauf, wenn dieses Kapitel abgeschlossen ist und ich nicht mehr täglich darauf geschubst werde, dass ich eine Krankheit habe, die mit ziemlich krassen Mitteln bearbeitet werden muss.

  • Ausgemistet

    Mittlerweile traue ich mich auch „oben ohne“ unter die Leute, deshalb habe ich meine Mützen und Tücher auf den Dachboden verfrachtet. In der Hoffnung, dass es dann so ist wie mit dem Regenschirm: Wenn man ihn dabei hat, regnet es nicht. Na ja, klappt nicht immer, aber darauf hoffe ich, dass mich das dämliche Schalentier nicht noch einmal anfällt.

    Tücher
  • Gesund!
    Gemüse

    Das habe ich mich schon länger gefragt:
    Soll ich sagen „ich habe Krebs“ oder „ich hatte Krebs“?
    Die Ärztin hat mir heute erklärt, dass ich jetzt als gesund gelte.
    Die Tabletten und die Antikörper-Infusionen seien nur Hilfsmittel, dass das Krebs-Arsch auch weiterhin wegbleibt.
    Also: „Ich hatte Krebs!“ Und jetzt isser weg, hurra!! Das wird gefeiert! Morgen noch die letzte Bestrahlung (schon wieder ein Grund zum Feiern :-)), und dann gehört mein Körper wieder ganz allein mir.

    PS: Nur mit Gemüse feiere ich natürlich nicht! Wer genau hinschaut, entdeckt noch was ganz „Ungemüsiges“ 🙂

    PPS: Morgen gibt´s Gemüsesuppe.

  • AHB

    Nach einer Krebsbehandlung darf man zur Anschlussheilbehandlung, kurz AHB. Das war eine große Frage für mich. Soll ich, soll ich nicht?
    Einerseits: 3 Wochen „Urlaub“, nicht um den Haushalt kümmern müssen, an den gedeckten Tisch setzen können, nur Zeit für mich selbst haben dürfen, mich um meinen Körper kümmern, Sport machen, Entspannung, gute Tipps bekommen, Neues ausprobieren……..
    Andererseits: 3 Wochen nicht bei meiner Familie sein, von lauter anderen Krebsis umgeben sein, dauernd wieder mit dem Thema Krebs konfrontiert sein…..
    Ich fand, dass die Vorteile überwiegen. Außerdem heißt es ja Anschlussheilbehandlung, es gehört also als Abschluss noch zur Krebsbearbeitung noch dazu.
    Also habe ich mich aufgemacht zur Anschlussheilbehandlung ins schöne Freiburg!

    Zu diesem Bild:
    Dafür habe ich drei Anläufe gebraucht, und das alles bei Temperaturen um den Nullpunkt. Ich hatte immer einen Pulli oder eine Jacke um die Hüfte geknotet und dann ganz schnell angezogen, sobald das Foto gemacht war.
    Beim ersten Versuch hat keiner vemerkt, dass der Wind den Stoff vom Liegestuhl ständig nach vorne geblasen hat.
    Beim zweiten Anlauf hatte ich keine frische Lilie. Der Ersatz, eine weiße Stoffblume, sah zwar ganz nett aus, aber eben nicht so cool sommerlich nach Urlaub.
    Beim dritten Mal waren zwei Blütenblätter abgefallen. Die habe ich schnell mit Heißkleber angepappt, und dann war ich endlich zufrieden 🙂

  • Frühstück ist fertig!

    Darauf freue ich mich unbändig, dass ich mich während der AHB nicht um´s Essen kümmern muss!

  • Was macht man denn so…

    … in einer Anschlussheilbehandlung?
    Ich hatte jeden Tag mindestens zweimal Sport (in verschiedenen Variationen), ab und zu mal Entspannung, Yoga, und überhaupt keine „Jammerrunden“. Davor hatte ich mich ein bisschen gefürchtet. Tatsächlich war der gefürchtete Gesprächskreis sogar der beste Programmpunkt im Wochenplan. Geleitet von einer ganz tollen, einfühlsamen, humorvollen Therapeutin, und es war überhaupt nicht tränenreich-rührselig. Vorträge gab´s auch, zu den verschiedensten Themen. Das mochte ich nicht so gerne, ich wollte am liebsten nichts mehr mit Krebs zu tun haben.
    Fangokneten durfte ich auch, das war der langweiligste Programmpunkt, und ausgerechntet der stand ganz oft im Programm. Es soll der Regeneration der Nerven in den Händen dienen, und ich hockte da so allein in einer Kabine und knetete vor mich hin … na ja. Wenn´s hilft 😉
    Damit es nicht gar so langweilig ist, habe ich Tortenstücke geknetet, Kaffeetassen, Blümchen, Kügelchen….bei der letzten Sitzung habe ich den Therapeuten gefragt, was er sich wünscht. Ein Ferrari sollte es sein. Bei mir war´s eher ein Ferrari mit Totalschaden :-))
    Für den Feierabend gab´s auch ein bisschen Programm, Kino im Vortragssaal, oder Workshops, zum Beispiel Origami. Wir haben Vasen mit Blumen gefaltet, das war ganz toll 🙂
    In der Freizeit bin ich wahnsinnig gerne in die Stadt gegangen. Als Landei musste ich das unbedingt ausnutzen! Nach Herzenslust bummeln, ganz allein, nur für mich! Rufus Beck live im Theater, Tanz-Workshop, Essen gehen mit Freunden aus der AHB…..ich habe mich glatt verliebt in das wunderschöne Freiburg 🙂

    Origami weiß
    War im Origami-Kurs für Anfänger 🙂
    Origami Schmetterlinge
    Und im Kurs für Fortgeschrittene! :-))
  • Pinsel und Papier

    Vor der Musiktherapie habe ich mich erfolgreich gedrückt, vor der Tanztherapie auch, und ganz besonders vor der Maltherapie!
    Man könnte mich wunderbar in einen Laden mit Künstlerbedarf stellen und nach drei Tagen erst wieder agholen, das würde mich überhaupt nicht stören. Ich liebe Farben und tolles Papier, Pinsel, Werkzeuge, Bastelkram…., und ich könnte stundenlang durch Kunstbildbände blättern.
    Aber wenn ich vor einem weißen Blatt Papier sitze und es mit Farben bearbeiten soll, fällt mir einfach nichts ein. Auch wenn ich noch so lange suche, ich finde einfach nichts in mir, was unbedingt auf´s Papier will. Noch nicht mal irgendwas Abstraktes.
    Wenn Maltherapie so wäre, dass man im Garten steht und mit Schwung flüssige Farbe auf´s Papier klatschen darf, das fände ich spaßig. Da würde ich glatt mitmachen.
    Ich würde mich auch selber mit Farbe einschmieren und dann über Papier wälzen.
    Oder mit Farbe gefüllte Luftballons abschießen.
    Das gab´s aber alles nicht im Angebot.
    Deshalb fand die Maltherapie ohne mich statt, und das war perfekt so. Für alle Beteiligten 🙂

  • Grüße aus Freiburg

    Hallo!
    Mir geht es gut,
    das Wetter ist schön,
    das Essen schmeckt (manchmal).

    Liebe Grüße aus Freiburg,
    Susanne


  • Willkommen im Jogginghosenland

    Hier trägt jeder immer Sportklamotten, auch zum Essen.
    Zu Beginn habe ich mich ständig umgezogen, das dann aber sehr schnell bleiben lassen. War einfach zu umständlich.
    Ist tatsächlich auch mal schön, den ganzen Tag in gemütlichen Klamotten herumzulaufen!

  • Sport, Sport, Sport

    Es gibt ja unendlich viele Sportarten. Skifahren habe ich mal versucht, damals, während der Ski-Freizeit in der 8. Klasse. Das war nicht so meins. Es muss sehr lustig ausgesehen haben, ich im knallgelben Ski-Anzug, unter mir diese elendig langen, flutschigen Bretter und unbequeme Ski-Schuhe. Die Ski waren sehr einsatzfreudig, ständig sind sie schon mal losgefahren, ohne mich mitzunehmen. Wenn ich dann mal drauf stand, fuhren sie nie schön parallel, sondern viel lieber über Kreuz, und selten in die Richtung, die ich im Kopf hatte. Meine erste Fahrt endete auch prompt in einem riesigen Schneehaufen. Ich habe dann zum Langlauf gewechselt, das war viel besser. Immerhin werden da die Ski in schönen Loipen geführt und können nicht unkontrolliert wegzwitschern, das fand ich super.
    In der Reha-Klinik gibt es ein reichhaltiges Sportangebot (Skifahren ist nicht dabei, zum Glück). Yoga, Krafttraining, Nordic Walking…
    Dank Aquafitness kann ich jetzt auch im Wasser Fahrrad fahren, vorwärts und rückwärts! (In dieser Wassersportstunde haben wir viel gelacht :-))
    Und die 95 Treppenstufen, die ich jedes Mal erklimmen muss, wenn ich vom Speisesaal in mein Zimmer möchte, sind als Sportprogramm auch nicht zu verachten. Immerhin steige ich sie mindestens fünfmal pro Tag hoch!

  • Schönes Wochenende!

    Die Wochenenden während meiner AHB waren immer toll. Mein Mann kam mit den Jungs, und wir haben Ausflüge gemacht. Ins Vitra-Design-Museum zum Beispiel oder sogar mal nach Basel, ins Tinguely-Museum.
    Besuch von Freunden habe ich auch bekommen, und einmal kam meine Schwester mit Familie.
    Das waren wirklich alles wunderbare Highlights, die mir gegen mein Heimweh geholfen haben.

    Schrottkunst
  • Jetzt reicht´s

    Zwei Drittel sind geschafft, nur noch eine Woche, dann „darf“ ich nach Hause! Darauf freue ich mich riesig.
    So schön es ist, sich um (fast) nichts kümmern zu müssen, irgendwann reicht´s. Mir zumindest. So nach dem Motto: „Muss ich heute schon wieder machen, was ich will?“ 😉
    Außerdem fehlt mir meine Familie, mein Zuhause, mein Bett, meine Bastelsachen….
    Ein bisschen was zum Basteln habe ich mir tatsächlich mitgenommen: Strickwolle für einen Schal und …. siehe Bild 🙂
    Wenn ich wieder zu Hause bin, die Wäscheberge, Wollmäuse und Unordnung sehe, werde ich mich wahrscheinlich ganz schnell wieder zurücksehnen 😉

    Oh du mein Klopapier,
    liebstes Utensil am stillen Ort!
    Wie herrlich, wenn noch viele Blätter auf deiner Rolle sind.
    Wie beglückend, wenn du mehr als zwei Lagen hast!
    Wie wundervoll, wenn du weich und flauschig bist!
    Du Klopapier, das du so vielfältig bist:
    Eignest dich als Taschentuchersatz, dienst als Lesezeichen und lässt dich sogar zu Schmuck veredeln.
    Wie schön du dich einrollen kannst, wenn man dich aus Versehen fallen lässt!
    Wie mächtig du sein kannst, wenn deine Fülle den Abfluss verstopft!
    Ohne dich mag ich nicht sein. (Jedenfalls nicht auf dem stillen Örtchen.)
    Wer auch immer dich erfunden hat – DANKE!

  • Hausmann des Jahres

    Der mit einem Kehrbesen dotierte Preis für den Hausmann des Jahres geht an …….
    …… Trommelwirbel …….
    …… meinen Mann!!! (Tosender Applaus)
    Er hat während meiner dreiwöchigen Abwesenheit den kompletten Haushalt mit drei Jugendlichen souverän „geschmissen“.
    Die Kinder pünktlich geweckt, Mittagessen gekocht, Frühstück und Abendessen serviert, jede Menge Wäsche gewaschen, mit den Kindern für Arbeiten gelernt, sie zum Hausaufgaben-Machen motiviert, zeitintensive seelsorgerische Aufgaben übernommen, unermüdlich aufgeräumt, Fieber gemessen, Post erledigt, Elternsprechtage mit seiner Anwesenheit beehrt, Wäsche gebügelt und den Einkauf für ewig hungrige Halbwüchsige erledigt.
    Für die überaus hervorragend geleistete Arbeit bekommt mein Mann deshalb den „Hausmann-des-Jahres“-Hut verliehen!
    Herzlichen Glückwunsch!
    Und herzlichen Dank! 😉

  • Volldampf
    Dieser Hut stammt aus der Odenwälder Hutmanufaktur.

    Chemo abgehakt, OP abgehakt, Bestrahlung abgehakt, Anschlussheilbehandlung abgehakt.
    Krebs abgehakt? Aus medizinischer Sicht: Ja.
    Na dann, mit Volldampf auf ins „neue“ Leben!
    So hatte ich mir das jedenfalls gedacht, am Anfang meiner Erkrankung. Aber irgendwie fühle ich mich komisch.
    Fast ein Jahr lang war ich immer „in Betreuung“, hatte viele Arzttermine, wurde von oben bis unten gecheckt, und von jetzt auf nachher – nix mehr! (Bis auf die Kontrolluntersuchungen alle drei Monate.) Ich komme mir vor, als wäre ich ein Jahr lang mit jemandem an der Hand auf der Eisbahn gelaufen, und jetzt lässt mich die Hand los. Jetzt muss ich alleine zusehen, wie ich auf dem Eis zurechtkomme. Da schlingern nicht nur meine Füße, auch mein Kopf findet nicht so recht die Richtung. Jedenfalls merke ich, dass ich noch ein bisschen brauche, bis dieses besondere Jahr in meinem Leben verdaut ist, bis die Orientierung wieder da ist. Zum Glück habe ich eine sehr lebendige Familie. Die macht einfach weiter und nimmt mich mit. Im Haushalt war ich sofort wieder am Platz 🙂

  • Mit der Zeit wächst Gras drüber

    „Kann man den Krebs irgendwann vergessen?“ Das habe ich damals eine Bekannte gefragt, die ein paar Jahre eher als ich an Brustkrebs erkrankt war. Nach dem Motto: Behandlung erfolgreich abgeschlossen, Thema erledigt. Heute ist mir die Frage an die Bekannte im Nachhinein äußerst peinlich. An schlechten Tagen. An guten Tagen kann ich mich mit einem milden Lächeln und wohlwollender Nachsicht betrachten und mich freuen, dass ich damals so optimistisch war. (Und immer noch bin.) Mittlerweile weiß ich, dass ich den Krebs niemals vergessen werde. In meinen Gedanken ist er immer da, manchmal mehr, manchmal weniger im Vordergrund. Allein schon die Narbe, die ich jeden Tag im Spiegel sehe, die fehlende Brust, die Prothese, Tabletten, die ich täglich nehmen muss, Vorsorge-Untersuchungen….
    Menschen in meinem Umfeld erkranken an Krebs. Gelegenheiten, mir Hallo zu sagen, hat der Krebs viele. Ich finde das oft sehr anstrengend. Ängste und Sorgen tauchen immer wieder auf, und ich muss irgendwie damit fertig werden.
    So ist das wohl mit einschneidenden Erlebnissen, sie bleiben Teil der Persönlichkeit, sie verändern sie, lassen sie reifen. Auf der anderen Seite reift aber auch die Gewissheit und der Stolz darauf, etwas Schweres bewältigt zu haben. Das hilft mir, bei den vielen „kleinen“ Sorgen, die im Leben immer wieder auftauchen, viel gelassener zu reagieren.
    Meine Mutter, die ebenfalls an Brustkrebs erkrankt war, hatte mir gesagt, dass sie die Zeit auch schön fand. Das konnte ich damals kaum glauben, doch heute geht es mir genauso. Die schlimmen Sachen sind weitgehend in den Hintergrund getreten, die Erinnerung an die vielen schönen Seiten ist präsenter. Wie bei einer Geburt: Man weiß noch, dass es irgendwie schmerzhaft war, aber viel besser kann man sich an die Freude über das eigene Kind erinnern. Ein toller Mechanismus!

  • Neue Körbchengröße: Erdbeer

    „Sag mal, hat sich für dich im Leben was verändert nach deiner Erkrankung?“. „Ja! Ich kaufe meine Reizwäsche jetzt im Sanitätshaus!“

    Ich weiß, das war nicht das, worauf die fragende Person hinauswollte. Aber es ist doch ein Thema. Was habe ich mich darauf gefreut, zum Wäsche-Kaufen zu gehen mit der Aussicht auf persönliche Beratung, Zeit und Ruhe zum Stöbern, und das sogar auf Rezept.  Leider hatte ich völlig ausgeblendet, dass ein Sanitätshaus aufgrund seines Sortiments nicht den Charme einer schnuckeligen Wäscheboutique haben kann. Die BHs teilen sich die Verkaufsfläche mit Einlagen, Bandagen, Rollatoren und noch jeder Menge mehr hübsche Sachen. Wenn man Glück hat, gibt es einen Extra-Raum zum Anprobieren. Nächste Ernüchterung: Die Modelle. Sie sind …….. praktisch. Breite Träger, stabile Passform, solide Verarbeitung. Sie sind nicht: Verführerisch, sexy, zum Verlieben. Ja, ich weiß, nach einer OP mag man es bequem und gemütlich, da soll nix drücken oder gar wehtun. Aber geht das nicht auch in Hübsch? Da hat man schon den Salat mit der Mist-Krankheit, bearbeiteter oder gar entfernter Brust und der Schwierigkeit, sich selber irgendwie trotzdem noch schön zu finden, und dann gibt es noch nicht einmal hübsche Verpackung?
    Ich weiß, der Markt für Prothesen-BHs ist überschaubar. Da haut man nicht gerne super-originelle Teile raus, die nur wenige kaufen wollen. Aber, liebe Designer/innen, schöne BHs würden enorm dazu beitragen, dass sich Frauen mit ihrem neuen Körper leichter wohlfühlen können.
    Zum Glück habe ich doch noch einen wunderschönen Laden entdeckt, einen, der nicht nach Krankheit aussieht, sondern auf den ersten Blick wie ein besonders liebevoll gestaltetes Geschäft für schöne Dessous. Man kommt sich darin vor, als wäre es das Tollste, Prothesen-BHs zu kaufen. Allein schon die Champagner-Klingel in der Umkleidekabine! Es hätte mich nicht gewundert, wenn am Ende noch der Cola-Mann mit freiem Oberkörper zur Tür hereinspaziert wäre 🙂 Leider gibt es diesen Laden nur wenige Male in Deutschland, aber immerhin! Vielleicht werden es ja noch mehr. Jedenfalls DANKE an fina & liv, dass ihr euch so viel Mühe macht! (Unbezahlte Werbung)

    Und noch ein Tipp: Man kann in jeden handelsüblichen BH eine Tasche für die Prothese einnähen (lassen). Das mache ich jetzt auch ab und an.

  • ROSAROT

    Kann man als Krebsi Glücksmomente haben? So richtig freudige, ausgelassene oder sogar übermütige? Geht das überhaupt, wenn einem Väterchen Tod aus der Ferne zuwinkt?
    Oh, ja! Vielleicht erlebt man als Krebsi Glücksmomente sogar noch intensiver. Vor allem jetzt, „danach“, kommt es mir so vor, als ob ich Glücksmomente viel bewusster wahrnehmen kann. Das finde ich eine schöne Nachwirkung 🙂
    Ich habe dazu ein kleines, superkitschiges Gedicht verfasst. Einmal für kitschliebende Romantiker und eine Kurzfassung für diejenigen, die es lieber auf den Punkt mögen.

    ROSAROT

    Wunderschöner, rosaroter Moment, ich mag dich so gern!
    Tust mir so gut, fühl´ mich wohl in dir, könntest du doch ewig bleiben!
    Das geht nicht, ich weiß. Du bist nur spürbar, weil du vergehst.
    Drum koste ich dich aus, so lange es geht, bade in dir, lass mich in dich fallen.
    Rosarotes Leuchten hinter meinen Augen, ich riech´ deinen Duft, so schöne Töne in meinen Ohren.
    Deine Wärme schmilzt auf meiner  Zunge, du schmeckst so gut!
    Ich versuch´ dich zu halten, aber du löst dich schon auf. Verfliegst.
    Ein leichter Schmerz, irgendwo da, wo das Herz schlägt.
    Wehmut piekst, aber ich weiß, ein neuer, schöner Moment wird kommen, irgendwann.

    Kurzfassung:

    ROSAROT

    Hmm, Himbeereis
    Mag ich
    Könnt ich immer essen
    Oh, schon alle

  • Mein Strich

    Runder, weicher, warmer Hügel, ich musste dich hergeben. Eintauschen gegen Gesundheit.
    Die habe ich bekommen, für´s Erste, und einen geraden Strich auf flacher Ebene. Zuerst empört, rot, wulstig und taub.
    Mit der Zeit immer flacher, immer heller, das Gefühl kehrt zurück.
    Meine Finger wollten die Stelle berühren, aber der Kopf war noch nicht soweit. Zeit heilt Wunden, es geht mittlerweile, ich fühle weiche Haut und zarte Empfindung.
    Abend für Abend tupfe ich Creme auf den Strich, verstreiche den warmen Schmelz und genieße die Fürsorge. Ja, tatsächlich, ich mag dieses Ritual, mein Strich kommt mir näher, er gehört jetzt zu mir wie vorher der Hügel. Tagsüber vergesse ich ihn, es fühlt sich an, als wäre alles wie früher.
    Von Außen kann niemand ihn sehen.
    Mein kleines Geheimnis!

  • Und wenn er wiederkommt? Dann renne ich!

    Ich weiß, dem Krebs kann man nicht davonlaufen.
    Aber ich habe mir vorgestellt, dass ich vielleicht etwas gelassener damit umgehen könnte, weil ich ja schon einmal erlebt habe, dass es machbar, aushaltbar, überlebbar ist.
    Vor einem Monat war es soweit, da war dieser schwarze Punkt mitten auf der Wirbelsäule auf dem Bild vom Knochenszintigramm. Könnte Krebs sein, oder was anderes. Auf den MRT-Termin musste ich drei Wochen warten, eher war nix frei. Das waren die anstrengendsten Wochen seit langem. Und was habe ich gemacht? Bin ich gerannt? War ich gelassener? Nicht die Spur! Vor Schreck erstarrt bin ich! Schlimmste Horrorszenarien sind vor meinem geistigen Auge abgelaufen! Dann war endlich der MRT-Tag da. Ergebnis: Arthrose in der Brustwirbelsäule (da wo der Punkt war), und als Nebenbefund noch drei Bandscheiben, die demnächst gerne vorfallen möchten. Puhhhhh! Was für ein Glück! Das ist mir alles lieber als Krebs! Ich war so fertig, dass das Glücksgefühl drei Tage gebraucht hat, bis es seinen Weg durch den Erschöpfungssumpf an die Oberfläche geschafft hat. Da bin ich dann fröhlich pfeifend und laut singend durch die Küche getanzt. Und als nächstes gehe ich dann wohl ganz viel turnen, für meinen Rücken 🙂

  • Nerven wie Drahtseile

    Die letzten Wochen waren ja ein bisschen nervenaufreibend, deshalb habe mir einen Vorrat an Drahtseil zugelegt, für Ersatznerven.
    Man weiß ja nie, was noch so kommt.
    Hoffentlich werde ich sie niemals brauchen.

  • Lotto

    Bin ich schuld daran, dass ich Krebs habe?
    Kurz gesagt: NEIN.
    Ausführlichere Antwort: Auch NEIN.
    Es sei denn, du hast gesoffen wie ein Loch, gequalmt wie ein Schlot und Drogen genommen, als gäb´s kein Morgen mehr. Da gibt es dann Einiges, was du hättest besser machen können.

    Die Frage, ob ich selber schuld bin, Krebs zu haben, hat mich lange beschäftigt und ich merke, dass ich immer noch nicht ganz frei davon bin. Es gibt jede Menge Literatur dazu, dass ungelöste seelische Konflikte diese oder jene Krankheit auslösen, oder auch, dass man sich Krankheiten sogar unbewusst wünsche.

    Leider bin ich ein Mensch, dem man sehr leicht Schuldgefühle einjagen kann, und wenn man schwer krank ist, ist man meistens auch ängstlich und empfindlich. Das alles bietet einen superguten Nährboden für solche Aussagen. Ehrlich gesagt habe ich mich selbst schon öfter dabei ertappt, wie ich bei anderen gedacht habe: „Kein Wunder, dass er/sie krank wurde, bei dem Stress, dem blöden Partner, der schweren Arbeit, der Selbstaufopferung……“.

    Das ist aber alles Quatsch. Man kann dem Körper viel Gutes tun, aber alles Blöde abwenden und verhindern kann man nicht. Oder hat schon mal jemand jemanden gesehen, der völlig stressfrei durchs Leben geht? Ohne jegliche Schicksalschläge, welcher Art auch immer? Ich nicht.

    Menschen erkranken querbeet, alte, junge (sogar kleine Kinder erkranken an Krebs!), traurige, fröhliche, schüchterne, selbstbewusste, verzagte, optimistische. Jeden kann es treffen.

    Deshalb halte ich mich daran fest, was mir eine liebe Freundin geantwortet hat:

    Kann man selbst daran schuld daran sein, Krebs zu haben?
    NEIN! Es ist einfach ein schlechtes Los im Lotto des Lebens!

    Danke liebe Anna!

  • Pink
    Pink

    Mit diesem „Hut“ habe ich damals meine 11. Bestrahlung und meine 9. Antikörper-Sitzung gefeiert. Das sind nicht die klassischen Feierzahlen wie zum Beispiel die 10 oder die 25, aber das war mir in dem Moment total wurscht. Mir war einfach danach, mich zu freuen, zu feiern, mich zu verwöhnen, etwas Schönes zu machen.
    Das ist tatsächlich bis heute so geblieben und zählt somit zu den schönen Nachwirkungen der Krebszeit 🙂

    Dieser Blumenschmuck erinnert mich an Frida Kahlo, sie ist ein großes Vorbild für mich. Von ihr stammt dieses Zitat, das ich sehr mag:

    „Nichts ist absolut.
    Alles verändert sich,
    alles dreht sich,
    alles fliegt und verschwindet.“

    Wenn es doch nur mit dem Krebs auch so wäre:
    Er dreht sich, fliegt und verschwindet. Das wäre toll.

  • Grins

    Was ist das?

    Ein aufgesetztes Lächeln! 🙂

    Bei Vielen ist ein aufgesetztes Lächeln ja sehr verpönt, aber ich finde, manchmal kann man es doch gut gebrauchen.
    Statt sich über irgendwas Blödes zu ärgern – Lächeln aufsetzen und weiter geht´s.

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